WAK-N: Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse gutgeheissen

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Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) spricht sich mehrheitlich für die autonome Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips aus. Bezüglich der Sonderregelung im Bereich der Lebensmittel folgt sie dem Entscheid des Ständerates. Bei den Bestimmungen zur Vermeidung der Inländerdiskriminierung hingegen will die WAK-N einen Schritt weiter gehen, um diese Diskriminierung vollständig aufzuheben.

1. 08.054 Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse
Nachdem der Ständerat in der vergangenen Frühlingssession die Teilrevision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse behandelt und die Botschaft des Bundesrates mit einigen Änderungen gutgeheissen hatte, kam das Geschäft nun zur Vorberatung in die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N).
Mit 15 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung ist die WAK-N auf die Vorlage eingetreten. Die Kommission hat ausserdem mit 13 zu 11, respektive 14 zu 7 Stimmen, zwei Rückweisungsanträge abgelehnt. Mit der ersten Rückweisung sollte der Bundesrat damit beauftragt werden, mit der EU die Gegenseitigkeit des Cassis-de-Dijon-Prinzips auszuhandeln. Der zweite Rückweisungsantrag forderte eine praxisnähere Lösung zur Vermeidung der Inländerdiskriminierung. Diese zwei Punkte – die fehlende Gegenseitigkeit und die Regelung zur Vermeidung der Inländerdiskriminierung – sind auch die beiden Hauptargumente der Minderheit, welche beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten.
Kern der Vorlage ist die autonome Einführung des so genannten „Cassis-de-Dijon-Prinzips“ durch die Schweiz, das heisst dessen Anwendung durch die Schweiz auf bestimmte Einfuhren aus der Europäischen Gemeinschaft (EG) und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Bezüglich dieser autonomen Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips folgt die WAK-N der Entscheidung des Ständerates. Dadurch sollen in der Schweiz auch solche Produkte in Verkehr gebracht werden können, welche nach den Vorschriften der EG oder eines EG/EWR-Mitgliedstaates hergestellt und dort rechtmässig in Verkehr sind.
Bei den Bestimmungen zur Vermeidung der Inländerdiskriminierung entschied sich die Kommission ohne Gegenstimme für eine liberalere Lösung als der Ständerat. Gemäss diesem Beschluss können Schweizer Hersteller Produkte, die sie nur für den inländischen Markt herstellen, nach den Vorschriften der EG oder eines EG- oder EWR-Mitgliedstaates produzieren. Dabei soll es weder eine Bewilligungs- noch eine Meldepflicht geben.
Für den Import von Lebensmitteln folgte die WAK-N mit 20 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung dem Entscheid des Ständerates, wonach für Lebensmittel eine Sonderregelung zur Anwendung des „Cassis-de-Dijon-Prinzips“ gelten soll. Sie brauchen eine vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorgängig erteilte Bewilligung, um Zugang zum schweizerischen Markt zu erhalten. Die Kommission ist der Meinung, dass diese Regelung für den Gesundheitsschutz und die Entlastung der Kantone bei der Lebensmittelkontrolle notwendig ist. Ausserdem kann die Inländerdiskriminierung vermieden werden.
Die Kommission hiess die Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse in der Gesamtabstimmung mit 12 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen gut. Das Geschäft wird zusammen mit dem Produktesicherheitsgesetz während der Sondersession Ende April im Nationalrat behandelt.

2. 08.055 Produktesicherheitsgesetz
Auch die Totalrevision des Produktesicherheitsgesetzes wurde in der Frühlingssession vom Ständerat mit wenigen Änderungen gutgeheissen. Die Vorlage des Bundesrates sieht vor, das Bundesgesetz über die Sicherheit von technischen Einrichtungen und Geräten (STEG) durch ein Produktesicherheitsgesetz zu ersetzen. Damit soll gewährleistet werden, dass die schweizerischen Anforderungen an die Sicherheit von Konsumprodukten mit den Anforderungen des europäischen Binnenmarktes identisch sind. Zu diesem Zweck soll der Geltungsbereich des Gesetzes allgemein auf alle Produkte ausgedehnt werden (und nicht mehr bloss technische Einrichtungen und Geräte erfassen). Damit verfügen die Kontrollbehörden über mehr Kompetenzen, die zum Schutz der Sicherheit oder Gesundheit erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Zudem wird der Hersteller oder Importeur in Zukunft nach dem Inverkehrbringen eines Produktes verpflichtet, geeignete Massnahmen zu treffen, um Gefahren zu erkennen und die Vollzugsbehörden darüber zu informieren.
Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) ist mit 18 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung auf diese Vorlage eingetreten und stimmte den Bestimmungen der Vorlage insgesamt zu. In ihren Augen lässt sich damit gewährleisten, dass die in- und ausländischen Produkte das gleiche Sicherheitsniveau haben, wodurch das Vertrauen in die Sicherheit der Produkte gestärkt wird. Für die schweizerischen und ausländischen Hersteller werden somit auch die aufgrund unterschiedlicher Sicherheitsanforderungen bestehenden technischen Handelshemmnisse beseitigt.
In der Gesamtabstimmung nahm die Kommission die Revision des Produktesicherheitsgesetzes mit 14 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung an. Das Geschäft wird in der Sondersession zusammen mit der Revision des THG behandelt.

3. 09.032 Kalte Progression bei der direkten Bundessteuer. Ausgleich der Folgen
Gemäss geltendem Recht werden die Folgen der kalten Progression bei der direkten Bundessteuer ausgeglichen, wenn sich die Teuerung seit der letzten Anpassung der Steuertarife um 7 Prozent erhöht hat. Die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben befassten sich Ende 2008 mit dieser Regelung. Sie waren der Ansicht, dass dieser Ausgleich zu wenig häufig erfolge und die Steuerpflichtigen dadurch ungerechtfertigt belastet würden. Die beiden Kommissionen reichten damals je eine Motion ein, die anschliessend von ihrem jeweiligen Rat angenommen wurde (08.3753 Motion WAK-SR Häufigerer Ausgleich der kalten Progression; 08.3754 Motion WAK-N Jährlicher Ausgleich der kalten Progression).
In Erfüllung dieser Motionen erarbeitete der Bundesrat einen Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, welcher vorsieht, die kalte Progression bereits auszugleichen, wenn die Teuerung sich um 3 Prozent erhöht hat.
Nachdem die WAK-N ohne Gegenstimme auf die Vorlage eingetreten war, diskutierte sie eingehend über einen Antrag, die kalte Progression jährlich auszugleichen und eine Anpassung bei einem negativen Teuerungsverlauf gleichzeitig auszuschliessen. Mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin sprach sich die Kommission schliesslich für die Vorlage des Bundesrates aus. In den Augen der Mehrheit würde ein jährlicher Ausgleich zwar der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen am ehesten Rechnung tragen, doch brächte diese Variante einen unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand mit sich. Die Mehrheit könnte einen jährlichen Ausgleich allenfalls akzeptieren, wenn die Steuertarife auch bei einem negativen Teuerungsverlauf angepasst würden. Die Minderheit ist der Auffassung, nur ihre Variante biete bestmögliche Steuergerechtigkeit und der Verwaltungsaufwand sei nicht so gross wie von der Mehrheit angenommen.
Mit 18 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt hat die Kommission einen Antrag, wonach die Steuertarife erst anzupassen seien, wenn sich die Teuerung um 4 Prozent erhöht hat. Ebenfalls abgelehnt (mit 12 zu 8 Stimmen bei 5 Enthaltungen) wurde ein Antrag, welcher verlangt, dass diese Vorlage zusammen mit der anstehenden Familienbesteuerungsreform im Bundesblatt publiziert wird, damit für beide Vorlagen die gleiche Referendumsfrist gilt. Die Kommissionsmehrheit sprach sich gegen diese Verkoppelung der beiden Vorlagen aus und betonte, dass die Inkraftsetzung der Familienbesteuerungsreform ohnehin auch für nächstes Jahr vorgesehen ist. Würde das Inkrafttreten der Vorlage mit der Familienbesteuerung verknüpft, könnten die Steuertarife zudem erst auf das Steuerjahr 2011 und nicht wie vorgesehen für die Steuern 2010 angepasst werden.
In der Gesamtabstimmung hat die Kommission die Vorlage mit 21 zu Null Stimmen bei vier Enthaltungen angenommen. Das Geschäft wird in der Sondersession im April im Nationalrat behandelt.

4. 08.3239 Mo. Ständerat (WAK-SR). Beseitigung steuerlicher Hindernisse bei der Finanzierung von Konzerngesellschaften
Der Ständerat will mit einer Motion erreichen, dass konzerninterne Finanzierungen, Treasury-Operationen und das Cash Pooling in Konzernen von der Emissions- und Umsatzabgabe sowie von der Verrechnungs¬steuer generell befreit werden. Darüber hinaus sollen Anleihen, die zu diesem Zweck im Ausland begeben werden, in der Schweiz nicht für die Zwecke der schweizerischen Besteuerung in inländische Anleihen umqualifiziert werden. Der Ständerat hatte die Motion seiner Kommission in der letzten Herbstsession ohne Gegenstimme angenommen. Die WAK-N beantragt ihrem Rat mit 18 zu 8 Stimmen, die Motion ebenfalls anzunehmen. Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass der Abbau der genannten Hindernisse für den Steuerstandort Schweiz von grosser Bedeutung ist. Sie argumentiert, dass zahlreiche andere Länder weder Emissionsabgaben noch Verrechnungssteuern kennen. Eine Minderheit möchte die zu erwartenden, beträchtlichen Ertragsausfälle nicht in Kauf nehmen und beantragt daher die die Ablehnung der Motion.

5. 07.3385 Mo. Nationalrat (Leutenegger Filippo). Anreize für umfassende energetische Sanierungen bei Privatliegenschaften
Ziel der Motion ist es, dass Privatpersonen ihre werterhaltenden sowie der Energieeffizienz und dem Umweltschutz dienenden Investitionen neu verteilt über mehrere Jahre und nicht nur gesamthaft im Jahr der Investition von der direkten Bundessteuer abziehen zu können. Nachdem der Nationalrat die Motion im Oktober 2007 angenommen hatte, änderte der Ständerat den Motionstext im letzten September in einen Prüfungsauftrag um. Die Kommission zeigt sich vom Entscheid des Ständerates enttäuscht, da der Beschluss den Bundesrat nicht verpflichtet, das Anliegen des Motionärs umzusetzen. Um die Umsetzung zu gewährleisten, beantragt die Kommission ihrem Rat nun einerseits mit 24 zu 2 Stimmen die Ablehnung der geänderten Motion. Andererseits hat sie mit 18 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung eine neue Kommissionsmotion beschlossen, welche denselben Wortlaut aufweist wie die ursprüngliche Motion Leutenegger (07.3385).

6. 09.3014 Mo. Ständerat (WAK-SR). Mehr Effektivität und Effizienz bei den Steuerabzügen für energetische Gebäudesanierungen
Die WAK-S möchte mit dieser Motion die Effektivität und die Effizienz der Steuerabzüge bei der direkten Bundessteuer für energetische Investitionen im Gebäudebereich erhöhen. Dazu soll der Bundesrat die Steuerabzüge an minimalen Energiestandards ausrichten. Die bestehenden hohen Mitnahmeeffekte sollen reduziert werden, indem Abzüge auf diejenigen Massnahmen beschränkt werden, die einen relevanten Zielbeitrag gewährleisten, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen und die in der Regel lange Amortisationsfristen haben. In der Frühjahrssession hat der Ständerat die Motion ohne Gegenstimme angenommen. Die Kommission teilt die Meinung ihrer Schwesterkommission und beantragt ihrem Rat mit 18 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung, die Motion anzunehmen.

7. 07.3607 Mo. Ständerat (Pfisterer Thomas). Vereinfachung der Besteuerung der natürlichen Personen (WAK-NR)
Mit der Motion verlangt der Ständerat die Einführung eines neuen Steuersystems, welches in erster Linie wesentlich einfacher; gleichzeitig gerechter, nachhaltig wachstumsfördernd und international wettbewerbsfähiger als das heutige Steuersystem ist. Als mögliche Ansätze wird eine Einheitssteuer oder eine duale Einkommenssteuer genannt. Der Bundesrat weist zwar auf die Zielkonflikte im Auftrag hin, beantragt jedoch die Annahme der Motion. Der Ständerat hat die Motion in der Wintersession ohne Gegenstimme angenommen. Die Kommission beantragt ihrem Rat nun mit 16 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Motion anzunehmen. Das heutige System wird als komplex und intransparent erachtet. Der Grundsatz einer Vereinfachung ist in der Kommission unbestritten. Eine Kommissionsminderheit befürchtet aber, dass bei einer Überweisung der Motion den exemplarisch genannten Lösungsmöglichkeiten zu viel Gewicht beigemessen wird und dass die angestrebte Vereinfachung unter die Räder gerät. Sie beantragt daher die Ablehnung der Motion.

Die Kommission hat unter dem Vorsitz von Nationalrätin Hildegard Fässler (SP, SG) und teilweise im Beisein von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz und Bundesrätin Doris Leuthard am 23. und 24. März 2009 in Bern getagt

Bern, 25. März 2009, Parlamentsdienste

Quelle: Die Bundesversammlung – Das Schweizer Parlament

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