Revision des Aktienrechts: Detailberatung begonnen

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08.011 s OR. Aktien- und Rechnungslegungsrecht

Nachdem die Kommission an ihrer Sitzung im Juni auf die Vorlage des Bundesrates zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts eingetreten ist, hat sie nun die Detailberatung zum Teil Aktienrecht aufgenommen. Beraten werden zunächst die Bestimmungen zur Corporate Governance der Aktiengesellschaft. Die Kommissionsmehrheit folgt mit ihren bisher beschlossenen Anträgen weitgehend den Beschlüssen des Ständerates, der die Vorlage in der Sommersession als Erstrat behandelt hat. Viele Punkte sind in der Kommission jedoch umstritten. Die Kommission hat insbesondere folgende Anträge beschlossen:

– Mit 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt die Kommission, das vom Ständerat beschlossene Nominee-Modell zu übernehmen. Damit soll die Problematik der sogenannten Dispoaktien entschärft werden. Diese sind gesetzlich nicht geregelt. Sie entstehen, wenn sich ein Erwerber börsenkotierter Namenaktien nicht im Aktienbuch eintragen lässt und damit der Gesellschaft unbekannt bleibt. Dies führt dazu, dass ein wesentlicher Teil der Aktionäre keine Mitwirkungsrechte ausüben kann und damit an der Willensbildung an der Generalversammlung nicht teilnimmt. Damit verbunden ist die Gefahr einer sog. „feindlichen Übernahme“ (vgl. zu Begriff und Problematik der Dispoaktien die Botschaft des Bundesrates vom 21.12.2007 [BBl 2008 1589, 1619]). Das Nominee-Modell sieht für den Fall, dass sich der Erwerber nicht zur Eintragung meldet, vor, dass innert 30 Tagen seine Verwahrungsstelle ins Aktienbuch eingetragen wird. Damit werden leere Mitgliedschaftsstellen (und somit Dispoaktien) vermieden. Die Verwahrungsstelle übt weisungsgemäss das Stimmrecht für den bei ihr registrierten Aktionär gegenüber der Gesellschaft aus. Liegt keine Weisung des Aktionärs vor, so enthält sich die Verwahrungsstelle der Stimme. Zur Verhinderung der Umgehung von allfälligen Stimmrechtsbegrenzungen muss die Verwahrungsstelle zudem dafür sorgen, dass keiner der von ihr betreuten Aktionäre mehr als 0.2% aller Stimmen abgibt. Jede Gesellschaft kann entscheiden, ob sie das Nominee-Modell anwenden will oder nicht. Eine starke Minderheit beantragt, auf das Nominee-Modell zu verzichten. Ihrer Ansicht nach überwiegen dessen Nachteile, insbesondere stehe es im Widerspruch zu den Zielen, mehr Transparenz zu schaffen und die unverfälschte Willenskundgabe des Aktionariats zu fördern.

– Mit 9 zu 8 Stimmen bei 7 Enthaltungen beantragt die Kommission – abweichend vom Ständerat –, die institutionelle Stimmrechtsvertretung nicht abzuschaffen (Art. 689c Abs. 5 E OR und Art. 689d OR). Eine Minderheit beantragt auch hier, dem Bundesrat zu folgen und Organ- und Depotvertretung abzuschaffen.

– Mit 11 zu 9 Stimmen beantragt die Kommission, dem Ständerat auch in Bezug auf die Amtsdauer der Mitglieder des Verwaltungsrates zuzustimmen (Art. 710 Abs. 1 E OR). Dieser beschloss die Wahl auf 3 Jahre. Wiederum beantragt eine bedeutende Minderheit, dem Bundesrat zu folgen, welcher die jährliche Wahl beantragt.
Die Kommission wird die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung fortführen.

09.021 s Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Genehmigung und Umsetzung des revidierten Lugano-Übereinkommens

Mit 21 Stimmen gegen 1 beantragt die Kommission dem Nationalrat, der Vorlage des Bundesrates zuzustimmen und damit dem in der Herbstsession gefassten Beschluss des Ständerates zu folgen
Das Lugano-Übereinkommen vom 16. September 1988 ist für die Schweiz seit dem 1. Januar 1992 in Kraft. Die einheitlichen Zuständigkeitsregeln und das wirksame System der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen stellen zwei wichtige Eckpfeiler der Rechtssicherheit dar. Obwohl sich das Lugano-Übereinkommen grundsätzlich bewährt hat, sind gewisse Bestimmungen umstritten und führen zu Schwierigkeiten in der Rechtsanwendung. Zudem haben neuere Entwicklungen, etwa der grenzüberschreitende elektronische Geschäftsverkehr und der Wunsch nach einer verstärkten Effizienz des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens, einen Anpassungsdruck geschaffen. Die Europäische Union hat den revidierten Text statt in Form eines Übereinkommens in der Form einer EU-Verordnung verabschiedet – die so genannte «Brüssel-I-Verordnung» –, die für die EU-Staaten am 1. März 2002 in Kraft getreten ist. Das am 30. Oktober 2007 unterzeichnete revidierte Lugano-Übereinkommen stimmt inhaltlich weitgehend mit der «Brüssel-I-Verordnung» überein.

09.024 s Immunität der Staaten und ihres Vermögens. UNO-Übereinkommen

Die Kommission beantragt mit 18 zu 7 Stimmen, das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 2. Dezember 2004 über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens zu genehmigen und den Bundesrat zu ermächtigen, dieses Übereinkommen zu ratifizieren und dabei seine auslegenden Erklärungen abzugeben. Das Übereinkommen bezweckt die Einführung allgemein anwendbarer Regeln, die festlegen, unter welchen Bedingungen ein Staat und sein Vermögen in anderen als strafrechtlichen Verfahren der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates unterstellt werden können. Die Mehrheit der Kommission schliesst sich dem Ständerat an und ist ebenfalls der Meinung, dass dieses Übereinkommen im Bereich der internationalen Beziehungen zur Rechtsstabilität beiträgt. Eine Minderheit der Kommission ist der Auffassung, dass dieses Übereinkommen den Rechtsstaat schwächt und keine grössere Rechtssicherheit mit sich bringt. Sie beantragt; nicht auf den Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens einzutreten.

07.061 ZGB. Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht

Die Kommission hat nach den Beschlüssen des Ständerates in der Herbstsession die Vorlage zur Änderung des Zivilgesetzbuches im Immobiliensachenrecht erneut geprüft und beantragt Folgendes:

– Leitungskadaster (Art. 676): Die Kommission beantragt mit 21 zu 1 Stimmen, am Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2009 festzuhalten, wonach die Möglichkeit für die Kantone, einen Leitungskadaster einzuführen, nicht erwähnt wird. Die Minderheit beantragt, dem Beschluss des Ständerates zu folgen.

– Gesetzliches Grundpfand von Subunternehmern (Art .837 Abs. 1): Die Kommission beantragt mit 14 zu 12 Stimmen, die vom Ständerat (mit 19 zu 16 Stimmen) knapp abgelehnte Formulierung zu übernehmen («Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes zu Gunsten von Subunternehmern setzt voraus, dass der Grundeigentümer dem Vertragsabschluss zwischen dem Unternehmer und dem Subunternehmer schriftlich zugestimmt hat.»). Die Minderheit beantragt, sich dem Ständerat anzuschliessen, d.h. das neue Erfordernis für Subunternehmern zu streichen und beim geltenden Recht zu bleiben.

– Beendigung des Stockwerkeigentums (Art. 712f): Die Kommission beantragt mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, dem vom Ständerat ohne Gegenstimme gefassten Beschluss zu folgen (schlechter baulicher Zustand, Aufteilung in Stockwerkeigentum seit über 50 Jahren, Möglichkeit, Aufhebung individuell zu verlangen). Die Minderheit zieht das Konzept des Nationalrates vor (Stockwerkeigentum seit über 30 Jahren, Vorrang der Eigentümergemeinschaft, qualifiziertes Mehr).

09.430 n Pa.Iv. Leutenegger Oberholzer. Opferhilfegesetz. Schaffung wichtiger Informationsrechte des Opfers

Die Kommission hat mit 20 Stimmen zu einer Gegenstimme und 3 Enthaltungen beschlossen, dieser parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Die Initiative verlangt eine Ergänzung der Rechte der Opfer im Strafverfahren, wonach das Opfer von den Behörden auch über den Strafvollzug des Täters und wesentliche Haftentscheide wie insbesondere die Entlassung, Hafturlaube oder Halbgefangenschaft informiert werden soll. Das Geschäft geht an die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats.

Die Kommission hat am 8. und 9. Oktober 2009 in Bern getagt unter dem Vorsitz von Nationalrätin Gabi Huber (FDP. Die Liberalen, UR) und teils in Anwesenheit von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in Bern getagt.

Bern, 9. Oktober 2009 Parlamentsdienste

Quelle: News Service des Schweizer Parlaments

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