Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems: Die Kommission gibt die Stossrichtung vor

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1. Für faire Steuern. Stopp dem Missbrauch beim Steuerwettbewerb (Steuergerechtigkeits-Initiative). Volksinitiative (09.031)

Am 6. Mai 2008 reichte die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS) die in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs abgefasste eidgenössische Volksinitiative „Für faire Steuern. Stopp dem Missbrauch beim Steuerwettbewerb (Steuergerechtigkeits-Initiative)“ ein.

Die vorgeschlagene Regelung umfasst drei Punkte: (1) Der Grenzsteuersatz der kantonalen und kommunalen Steuern soll bei einem steuerbaren Einkommen ab 250 000 Franken für Alleinstehende in allen Kantonen mindestens 22 Prozent betragen. (2) Der Grenzsteuersatz der kantonalen und kommunalen Steuern soll bei einem steuerbaren Vermögen ab 2 Millionen Franken für Alleinstehende in allen Kantonen mindestens 5 Promille betragen. (3) Der durchschnittliche Steuersatz jeder einzelnen der vom Bund, von den Kantonen oder den Gemeinden erhobenen direkten Steuern darf weder mit steigendem steuerbarem Einkommen noch mit steigendem steuerbarem Vermögen abnehmen. Ausserdem werden Kantone, welche ihre Steuertarife und Steuersätze aufgrund der vorgeschlagenen Änderung anpassen müssen, verpflichtet, während einer durch das Bundesgesetz festzulegenden Dauer zusätzliche Beiträge an den Finanzausgleich zu leisten. Ziel der Volksinitiative ist es, den Steuerwettbewerb zwischen Kantonen und Gemeinden einzuschränken und damit die nach Auffassung der Initianten schädlichen Auswüchse des Steuerwettbewerbs einzudämmen.

Der Bundesrat lehnt die Steuergerechtigkeits-Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Dies insbesondere deshalb, weil die Initiative zu Eingriffen des Bundes in die Steuerautonomie der Kantone und der Kantone in die Finanzautonomie der Gemeinden führen würde.

Die Kommission schliesst sich mit 9 zu 2 Stimmen dem Bundesrat an und beantragt ihrem Rat, die Vorlage zur Ablehnung durch Volk und Stände zu empfehlen. Die Mehrheit ist der Meinung, dass die Einschränkungen der Dynamik des Steuerwettbewerbs zu Einbussen bei dessen Vorteilen führen würden. Als Vorteile des Steuerwettbewerbs werden insbesondere die Berücksichtigung unterschiedlicher Präferenzen, ein relativ effizienter und schlanker Staat, sowie die Chancen für Randgebiete, mit einer gezielten Steuerpolitik Standortnachteile gegenüber Zentrumskantonen wettzumachen, genannt. Ausserdem argumentiert die Kommissionsmehrheit, dass durch die von Volk und Ständen im November 2004 breit akzeptierte Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) bereits ein Instrument zur Verfügung steht, das negative Auswirkungen des Steuerwettbewerbs mildert. Schliesslich macht die Mehrheit geltend, dass ein steuerbares Einkommen von 250000 Franken heute insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung von Abzügen nicht in jedem Kanton dasselbe bedeutet. Die Annahme der Volksinitiative könnte deshalb zu einem Abzugswettbewerb unter den Kantonen führen.

Eine Minderheit der Kommission beantragt, die Initiative zu Annahme zu empfehlen. Sie ist der Meinung, dass die Initiative mehr Steuergerechtigkeit bringt, indem sie dem exzessiven Steuerwettbewerb innerhalb der Schweiz um die sehr hohen Einkommen und Vermögen einen Riegel vorschiebt. Ausserdem macht die Minderheit geltend, dass die Initiative nur einen Mindeststeuersatz fordert, und die Kantone und Gemeinden somit ihre Freiheit, die Steuern selbst zu bestimmen, behalten.

Die Volksinitiative wird während der Wintersession im Ständerat behandelt.

2. Steuervereinfachung (08.324, 05.307, 05.310, 08.3854, 09.3213, 09.3215)

Bezüglich der Geschäfte zur Steuervereinfachung hat die Kommission entschieden, einen Bericht des Bundesrates, welcher für Ende Jahr angekündigt wurde, abzuwarten. Ausserdem hat sie die Steuerverwaltung gebeten, zu einigen Beispielen konkrete Berechnungen anzustellen.

3. Pa.Iv. Maitre. Regulierung der Bücherpreise 2. Phase. (04.430)

Der von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates und vom Nationalrat in der Sommersession angenommene Entwurf zur Regulierung der Bücherpreise sieht vor, dass die Verleger und Importeure den Marktpreis für die Bücher festlegen. Die Buchhandlungen sind an diesen Preis gebunden, wobei ihnen Preisnachlässe von maximal 5 Prozent und insbesondere Mengenrabatte erlaubt sind. Die Mindestdauer der Preisbindung beträgt 18 Monate. Um missbräuchliche Abweichungen gegenüber den ausländischen Marktpreisen zu vermeiden, soll der Preis von importierten Büchern sich zwischen 100 und 120 Prozent des Verkaufspreises (ohne MWSt) im Editionsland bewegen. Die Gesetzesvorlage gilt nur für Bücher, die in einer Landessprache der Schweiz geschrieben sind, nicht aber für Bücher, die via Internet aus dem Ausland bezogen werden.

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 8 zu 5 Stimmen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Mehrheit der Kommission anerkennt durchaus den hohen Wert des Buches als Kulturprodukt. Wie aber die jüngsten Entwicklungen auf dem Deutschschweizer Buchmarkt zeigen, habe die Aufhebung der Buchpreisbindung nicht zu einem Rückgang des Buchhandlungsangebots geführt. Nach Auffassung der Mehrheit lassen sich mit einer Buchpreisbindung die mit der Vorlage angestrebten kulturpolitischen Ziele (z.B. Unterstützung der Autoren) nicht erreichen, dies u.a. wegen der zunehmend via Internet im Ausland getätigten Käufe, bei welchen sich jegliches Landesrecht umgehen lässt. Auch weist die Mehrheit darauf hin, dass die Vorlage einer Verfassungsgrundlage entbehre und ohne ausreichende Begründung gegen den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit verstosse. Nach Auffassung der Minderheit hat insbesondere die Erfahrung im Ausland gezeigt, dass die Buchpreisbindung ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der verlegerischen Vielfalt darstellt. Ohne Buchpreisbindung bilde die Schweiz eine Ausnahme gegenüber den Nachbarländern. Die Buchpreisbindung ermögliche, die kleineren Buchhandlungen – die in grossem Masse zur Vielfalt auf dem Buchmarkt beitragen – vor der aggressiven Preispolitik der Grossbuchhandlungen und Supermärkte zu schützen. Was die Verfassungsgrundlage betrifft, ist die Minderheit der Meinung, dass die Vorlage sich auf Artikel 69 Absatz 2 und Artikel 103 der Bundesverfassung stützen könne.

Zur Unterstützung des literarischen Schaffens in der Schweiz hat die Kommission mit 6 zu 1 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine Motion angenommen, welche den Bundesrat beauftragt, dem Parlament Vorschläge zur Unterstützung der Schweizer Literaturschaffenden zu unterbreiten.

4. Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems – Bericht des Bundesrates
Kt.Iv. BE. Kein Abbau in der nachhaltigen Landwirtschaft (09.306)

Die Motion „Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems“(06.3635) wurde von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates am 10. November 2006 eingereicht. Diese vom Parlament überwiesene Motion beauftragt den Bundesrat, bis spätestens im Jahr 2009 einen Bericht vorzulegen, anhand welchem sich beurteilen lässt, ob das Direktzahlungssystem im Rahmen der nächsten Etappe der Agrarreform anzupassen ist.

In Erfüllung dieser Motion verabschiedete der Bundesrat am 6. Mai 2009 einen Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, den die Kommission an zwei Sitzungen eingehend prüfte.

Die Kommission zeigt sich zufrieden mit dem Inhalt des Berichts. Sie unterstützt den Bundesrat in seinem Vorhaben, das Direktzahlungssystem zu reformieren, und beschloss deshalb einstimmig, folgende Motion einzureichen:

Der Bundesrat wird beauftragt, den Konzeptvorschlag im Bericht Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems vom 6. Mai 2009 zu konkretisieren und dem Parlament bis Ende 2011 eine diesbezügliche Botschaft zu unterbreiten. Die multifunktionalen Aufgaben gemäss Art. 104 BV und die im Bericht definierten Ziele haben als Grundlage zu dienen.

• In der Botschaft sind die Mittelverteilung auf die einzelnen Instrumente und die Auswirkungen darzulegen.

• Die verschiedenen Zonen und Betriebszweige sowie besonders umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen (wie Bio und IP) sind angemessen zu berücksichtigen. Der produzierenden Landwirtschaft ist – als Teil des Konzepts der Multifunktionalität – die gebührende Bedeutung beizumessen.

• Das System ist auf die beabsichtigte Qualitätsstrategie abzustimmen und soll flexibel auf mögliche handelspolitische Entwicklungen (insbesondere WTO und Agrarfreihandel) sowie die dazu nötigen Begleitmassnahmen reagieren können.

• Die Auswirkungen auf die einzelnen Kantone und deren eigenen Aufwendungen sind darzulegen und dabei auf eine effiziente und unbürokratische Umsetzung zu achten.

Gemäss der Kommission, ist das im Bericht Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems dargelegte Konzept kohärent und zukunftsgerichtet. Es bietet eine geeignete Grundlage, um die gemeinwirtschaftlichen Leistungen unter den zukünftigen Rahmenbedingungen zu sichern und die Direktzahlungen wirksam und effizient einzusetzen. Es gilt für die Wertschöpfungskette der Land- und Ernährungswirtschaft frühzeitig einen verlässlichen Rahmen zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zu schaffen, was letztlich auch im Interesse der Konsumenten und Bürger ist.

Um die angestrebte Zielerreichung durch die WDZ zu gewährleisten, soll ein Evaluationszyklus festgelegt werden, welcher eine periodische Messung der Zielerreichung ermöglicht. Die Etappenziele – gerade im Bereich Umwelt – sollen anspruchsvoll und messbar sein. Ausserdem soll sichergestellt werden, dass der Vollzug praxisnah und grundsätzlich nicht aufwändiger ist als bisher.

In Szenarien soll aufgezeigt werden, wie sich die verschiedenen Beitragshöhen auf die Zielerreichung auswirken.

Die Standesinitiative des Kantons Bern verlangt, dass der Bund auf die Streichung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen für «Biolandbau», «Tierhaltung unter erschwerten Produktionsbedingungen», «Raufutter verzehrende Grossvieheinheiten» und «Extensoflächen» verzichtet.

Die Kommission hat beschlossen, die Beratung dieser Initiative zu sistieren. In ihren Augen wird dem Initiativanliegen mit der im Bericht des Bundesrates umrissenen Reform und der neu eingereichten Kommissionsmotion Rechnung getragen. Dennoch wird sie die Erledigung der Initiative erst Ende 2011 beantragen, wenn der Entwurf des Bundesrates dem Parlament unterbreitet wird.

Die Kommission hat unter dem Vorsitz von Ständerätin Simonetta Sommaruga (SP, BE) und teilweise im Beisein von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz sowie Bundesrätin Doris Leuthard am 15. und 16. Oktober 2009 in Biel getagt. Sie konnte sich bei diesem Besuch im Wohnsitzkanton der Präsidentin einen Einblick in die aktuelle wirtschaftliche Situation der Region Biel und des Berner Jura verschaffen. Sie besuchte insbesondere verschiedene Unternehmen der Uhren- und Präzisionstechnologie. Ausserdem hatte die Kommission die Gelegenheit Behördenvertreter der Stadt und des Kantons zu treffen, so den Bieler Stadtpräsidenten, Hans Stöckli, und den Berner Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher. In diesem Zusammenhang wurde auch die Zweisprachigkeit der Stadt Biel thematisiert.

Biel, 16. Oktober 2009 Parlamentsdienste

Quelle: News Service des Schweizer Parlaments

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