2010: Ein Jahr des Übergangs

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Das Jahr 2010 dürfte ein Jahr des Übergangs werden. Die globalen Zentralbanken werden ab der zweiten Jahreshälfte behutsam zu einer normalisierten Geldpolitik mit ersten Zinserhöhungen übergehen, was die Zinsen für Staatsobligationen tendenziell erhöhen wird. Die Schuldenproblematik der Staaten der westlichen Welt wird sich 2010 weiter verschärfen. Die Aktienmärkte werden 2010 zunehmend von den Gewinnen und nicht mehr von der Erkenntnis, dass das Finanzsystem stabilisiert werden konnte, getrieben werden. Daraus resultieren positive, aber geringere Kursgewinne als 2009.

Aktienmärkte 2009: Zu Tode betrübt, himmelhoch jauchzend

Bis Mitte März 2009 setzte sich die im Jahr 2008 begonnene Talfahrt der Aktienkurse dramatisch fort. Alle Branchen verzeichneten unisono massive Kursverluste. Erst als sich abzeichnete, dass aufgrund der 2008/2009 weltweit ausserordentlichen geld- und fiskalpolitischen Massnahmen keine systemischen Risiken mehr bestehen würden, setzte Mitte März die Trendwende ein. In der Folge entwickelte sich das Aktienjahr 2009 nicht nur wie erwartet gut, sondern sogar sehr gut. Die rasche Aktienmarkterholung, die Mitte März einsetzte, ist allerdings auf den starken Einbruch in der davorliegenden Periode zurückzuführen. Die Aktienmärkte sind in einer ersten, nachvollziehbaren Reaktion aufgrund der unsicheren Aussichten für das globale Finanzsystem rasch und stark eingebrochen. Entsprechend wurde in den Finanzmärkten Preise vergleichbar mit jenen der Grossen Depression eingepreist. Der starke Anstieg der Aktien in der Folge reflektiert die entsprechende Gegenbewegung aufgrund der Erkenntnis, dass keine systemrelevanten Banken mehr Konkurs gehen würden. Die steigenden Aktienkurse spiegelten zudem die Erwartung einer künftig wieder positiveren Wirtschaftsentwicklung. Ein Grossteil des Rallyes basiert somit weniger auf Gewinnerwartungen als vielmehr auf der Erleichterung gegenüber einer abgewendeten, grossen Depression.

Obwohl wir zum Jahresbeginn die Aktienquote reduziert hatten, sind wir davon ausgegangen, dass die enormen geld- und fiskalpolitischen Massnahmen in der zweiten Jahreshälfte Wirkung zeigen würden, sich die Konjunktur stabilisieren und die Aktienmärkte dies rund sechs Monate davor vorweg nehmen würden. Somit war unser Wiedereinstieg in Aktien Anfang April und eine weitere Erhöhung der Aktienquote im Sommer im Hinblick auf einen positiven Konjunkturverlauf 2010 die logische Konsequenz.

Die grossen Gewinner auf der Aktienseite waren 2009 die Schwellenlandregionen Asien, Osteuropa und Latein Amerika. In den entwickelten Ländern gehörten auf Branchenebene die zyklischen Sektoren wie Rohstoffe, Technologie sowie zyklische Konsumwerte zu den Gewinnern. Auch die empfohlenen Anlagethemen «zukünftige und erneuerbare Ressourcen» sowie Immobilienaktien und Rohwaren waren attraktive Investitionen.


Ausblick: 2010 als Jahr des Übergangs

In unserem Hauptszenario rechnen wir für 2010 und 2011 mit einer positiven, wenn auch unterdurchschnittlichen Entwicklung der Weltwirtschaft. Grundlage des Aufschwungs bleibt die weltweit expansive Geld- und Fiskalpolitik. Erst im Jahre 2010 wird bekanntlich der grösste Teil des amerikanischen Stimulierungspaketes eingesetzt werden. Entsprechend werden die Staatsschulden auch 2010 deutlich steigen. Solange jedoch die Risikobereitschaft der Anleger noch nicht stärker steigt, werden sie nur einen geringen Aufschlag für das Kaufen von Staatsobligationen verlangen. Die Zinsen für Staatsobligationen dürften damit nur geringfügig ansteigen.

Die Inflationsrisiken bleiben verhalten, da die Produktionskapazitäten noch wenig ausgelastet sind und sich der Finanzsektor bei der Kreditvergabe unverändert zurückhaltend zeigt. Dieses für die Finanzmärkte letztlich attraktive Szenario führt nur zu leicht steigenden Kapitalmarktzinsen, einem etwas schwächeren Schweizer Franken sowie zu moderat steigenden Aktienkursen. Es sind jedoch auch andere wirtschaftliche Szenarien denkbar, welche wir aber als weniger wahrscheinlich erachten. Ein positives Szenario geht von einer raschen, V-förmigen Wirtschaftsentwicklung aus, das negative Nebenszenario beinhaltet im Jahr 2011 einen Rückfall in die Rezession. In diesem Szenario wären die negativen Auswirkungen auf die Finanzmärkte dann wohl ab Frühling des kommenden Jahres spürbar. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Notenbanken die Zinsen zu rasch anheben würden oder die Stabsübergabe von einer «künstlich beatmeten» Weltwirtschaft in eine selbstfunktionierende nicht klappen würde.

Die folgenden drei Anlagethemen für das Jahr 2010 haben wir unter der Annahme des Eintreffens des Hauptszenarios erstellt.

1) Aktien bleiben attraktiv, im Jahresverlauf Übergang zu defensiven Branchen

Die globalen Aktienmärkte sind auch nach der guten Performance 2009 nicht überbewertet und bieten deshalb weiterhin gute Renditechancen. Allerdings werden die Aktien nicht mehr in erster Linie durch das «Prinzip Hoffnung», sondern zunehmend durch die Gewinnentwicklung getrieben werden. Ein zwanzigprozentiges Gewinnwachstum, wie dies derzeit von den Märkten erwartet wird, sollte nach den enormen Gewinnschrumpfungen 2009 gut zu erreichen sein. Wir rechnen deshalb mit einem Übergang von Gewinnrückgang zu Gewinnwachstum. Für die Aktienmärkte 2010 bedeutet dies erneut positive, aber geringere Erträge als im Vorjahr. Zudem dürften im Jahresverlauf zunehmend defensivere, wertorientierte Branchen an Bedeutung gewinnen, die 2009 zurückgeblieben sind. Im Fokus stehen weiterhin die Schwellenländer, erneuerbare und zukünftige Ressourcen, sowie das Infrastrukturthema.

2) Zinsen der Staatsobligationen steigen langsam an, Unternehmensanleihen vorziehen

Zwar wird die Inflation 2010 noch kein bedeutendes Thema sein. Die Notenbanken werden dennoch in der zweiten Jahreshälfte langsam zu einer normalisierten Geldpolitik übergehen, was die Zinsen generell leicht nach oben drücken wird. Die Bedrohung überbordender Staatsschulden und drohender Zahlungsunfähigkeiten dürfte ebenfalls zinstreibend wirken. Unternehmensanleihen bleiben trotz ihrer hervorragenden Performance 2009 aufgrund des Zinsvorteils attraktiv und sind Staatsanleihen wenn möglich vorzuziehen.

3) Rohwarenzyklus noch nicht beendet, Rohwaren bleiben im Fokus

Rohwaren befinden sich seit 2002 in einem markanten Aufwärtstrend. Dieser hat nun bereits eine gewisse Reife erreicht. Angesichts des enormen Nachholbedarfs in den Schwellenländern dürfte der Aufwärtstrend aber noch nicht beendet sein. Dies betrifft alle drei Kernbereiche des Rohwarenbereichs: Energie, Industrie- und Edelmetalle sowie landwirtschaftliche Güter. Aufgrund der erwarteten Preissteigerungen traditioneller Energieträger und Ressourcen werden Alternativen dazu zunehmend gefragter sein. Das macht das Anlagethema der erneuerbaren und zukünftigen Ressourcen so attraktiv.

Als die drei grössten Risiken für das Anlagejahr 2010 erachten wir:

  • Die Aktien- und Unternehmensanleihenmärkte korrigieren ab dem Frühjahr, da sich 2011 ein Rückfall in die Rezession abzeichnet.
  • Die Schuldenproblematik der Staaten eskaliert und die Zinsen für Staatsanleihen steigen rascher und stärker als erwartet.
  • Das Deflationsrisiko und damit die Gefahr «japanischer Verhältnisse» nimmt zu. Trotz der hohen geschaffenen Liquidität durch die Notenbanken fliesst das Kapital nicht in die Wirtschaft.

Das Anlagejahr 2010 dürfte als ein Jahr des Übergangs in die Annalen eingehen. Übergänge sind immer mit Unsicherheiten verbunden. Die Chance, dass der Übergang gelingt, ist trotz enormer Herausforderungen realistisch. Wichtig wird sein, dass die Wirtschaft zwar gewisse Leitplanken erhält, der Nutzen einer liberalen Marktordnung aber nicht leichtfertig über Bord geworfen wird. Es sollte nicht vergessen werden, dass gerade ein Eingriff in den Markt, nämlich die Subventionierung amerikanischer Hypotheken in den neunziger Jahren, am Anfang der aktuellen Krise stand.

Quelle: Vontobel

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