Jugendstrafprozessordnung verabschiedet – Verhütung von Folter

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1. Jugendstrafprozessordnung
Die Kommission hat den Entwurf zu einer Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung ( 05.092 Strafprozessrecht. Vereinheitlichung; Vorlage 2) mit den neuen Anträgen des Bundesrates vom 22. August 2007 positiv aufgenommen und ihn einstimmig verabschiedet. Die Jugendstrafprozessordnung regelt die Verfolgung und Beurteilung von Straftaten, die von Jugendlichen unter 18 Jahren begangen wurden, sowie den Vollzug der getroffenen Entscheide. Trotz der Rechtsvereinheitlichung soll den Kantonen grosse Gestaltungsfreiheit gewährt werden. Diese sollen weiterhin zwischen dem Jugendrichter- und dem Jugendanwaltsmodell wählen können. Ein wichtiges Anliegen ist die Beschleunigung der Verfahren. Die weitgehende Zulässigkeit des Strafbefehlsverfahrens und andere Regelungen sollen dazu beitragen. Zur Begünstigung der erziehenden Wirkung des Strafprozesses soll der oder die strafbare Jugendliche möglichst nur mit einer einzigen Amtsperson in Kontakt treten.

In einigen Punkten beantragt die Kommission Änderungen der Vorlage. Zu erwähnen sind insbesondere folgende Punkte: Die Untersuchungsbehörde und das Jugendgericht sollen die Möglichkeit haben, die Erzielung eines Vergleichs oder einer Wiedergutmachung zu versuchen (Art. 17); doch sind sie nicht in jedem Fall dazu verpflichtet. Mit 6 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung hat sich die Kommission dagegen ausgesprochen, im Gesetz ein formelles Mediationsverfahren vorzusehen (Art. 18). Dies schliesst aber nicht aus, dass die Untersuchungsbehörde geeignete Personen für die Erzielung eines Vergleiches beiziehen kann. Eine Minderheit fordert die Beibehaltung des Artikels, allerdings ohne die Verpflichtung zur Einstellung des Verfahrens bei gelungener Mediation. Bezüglich des Rechts der oder des Jugendlichen auf Beschäftigung während der Untersuchungs- und Sicherheitshaft (Art. 25c Abs. 2) beantragt die Kommission mit 7 zu 2 Stimmen, dieses nur zu gewähren, wenn es die Verhältnisse der Einrichtung erlauben. Eine Minderheit fordert die Streichung dieses Vorbehalts.

2. Übereinkommen gegen Folter
Die Kommission beantragt einstimmig, den Bundesrat zu ermächtigen, das Fakultativprotokoll vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu ratifizieren sowie das Bundesgesetz über die Kommission zur Verhütung von Folter zu genehmigen ( 06.105 Vereinte Nationen. Fakultativprotokoll gegen Folter). Mit diesem neuen Instrument wird ein Doppelprüfungssystem, d. h. auf nationaler und internationaler Ebene, geschaffen. Eine Kommissionsminderheit möchte im Gesetz festhalten, dass die Folterverhütungskommission über ein ständiges Sekretariat verfügt. Die Kommissionsmehrheit hingegen will, wie der Bundesrat, die Organisation dieser neuen Behörde selbst überlassen.

3. Verhältnis Völkerrecht / Landesrecht
Die Kommission befasste sich auch mit dem Thema des Verhältnisses Völkerrecht / Landesrecht und hielt eine Aussprache dazu mit dem Vorsteher des EJPD. In der Schweiz bilden Völkerrecht und Landesrecht eine Rechtsordnung. Es ist jedoch nicht immer eindeutig, wie Bundesgesetze oder Volksinitiativen behandelt werden sollen, die gegen Völkerrecht verstossen. Die Kommission ist der Ansicht, dass man solche Fragen differenziert angehen sollte und hat deshalb ein Postulat eingereicht, welches den Bundesrat beauftragt, u. a. zu prüfen, welchen Stellenwert das Völkerrecht für die Schweiz und innerhalb der Schweizer Rechtsordnung hat, ob allenfalls der Dualismus (Getrenntheit von nationalem und internationalem Recht) den Monismus (Einheit von nationalem und internationalem Recht) ablösen soll und ob die so genannte „Schubert-Praxis“ weiterhin gilt. Diese besagt, dass spätere Bundesgesetze früherem Völkerrecht vorgehen, wenn der Bundesgesetzgeber sich bewusst war, dass das Bundesgesetz dem internationalen Recht widersprechen könnte.

4. Spielbanken
Weiter beantragt die Kommission ohne Gegenstimmen, eine parlamentarische Initiative von Ständerat Christoffel Brändli ( 05.415 Pa.Iv. Spielbankengesetz. Rahmenbedingungen) abzuschreiben. Gemäss dieser Initiative soll das Spielbankengesetz so geändert werden, dass der Bundesrat den Abgabesatz nicht nur während den ersten vier Betriebsjahren, sondern in begründeten Fällen ohne Befristung auf 20 Prozent reduzieren kann. Die Kommission nahm Kenntnis einer bereits in Kraft getretenen Änderung der Spielbankenverordnung, welche mit einer Flexibilisierung der Tischöffnungszeiten in bewilligten Einzelfällen (Art. 69 Abs. 1bis) ihrer Ansicht nach dem Anliegen der Initiative entgegenkommt.

5. Verbandsbeschwerderecht
Schliesslich befasste sich die Kommission im Rahmen dreier Geschäfte mit dem Beschwerderecht der Umweltschutzorganisationen ( 07.046 Verbandsbeschwerderecht. Schluss mit der Verhinderungspolitik – Mehr Wachstum für die Schweiz. Volksinitiative; 04.310 Kt. Iv. AG. Konkretisierung des Verbandsbeschwerderechtes hinsichtlich Verantwortlichkeit, Finanzierung und Verfahrensordnung; 06.304 Kt. Iv. ZH. Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts). Sie führte Anhörungen durch und wird ihre Beratungen an ihrer nächsten Sitzung fortsetzen.

Die Kommission für Rechtsfragen hat am 15. und 16. Oktober 2007 unter dem Vorsitz von Ständerat Franz Wicki (CVP/LU) und teils im Beisein der Bundesräte Christoph Blocher und Moritz Leuenberger in Bern getagt.

Auskünfte:
Franz Wicki, Kommissionspräsident, Tel. 041 921 10 16 / 079 408 38 75
Christine Lenzen, Kommissionssekretärin, Tel. 031 322 97 10

Quelle: Kommission für Rechtsfragen des Ständerates

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