Anspruchsvolle globale Finanzmärkte

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Unser Anlagestil lässt auf eine überdurchschnittliche Entwicklung des Fonds in Abschwungphasen hoffen. In der Vergangenheit war dies auch der Fall. Seit Jahresbeginn trifft dies für den Vontobel Fund – Emerging Markets Equity hingegen nicht zu. Eine Reihe von Faktoren haben zu der Underperformance beigetragen:

1. Der Grundstoffsektor gehört weiterhin zu den Performance-Spitzenreitern. Er ist für uns ein schwieriges Segment, da Unternehmen aus diesem Bereich tendenziell eine höhere Zyklizität mit geringerer immanenter Prognostizierbarkeit aufweisen. Die beste Voraussetzung für einen Kapitalzuwachs und eine langfristige Outperformance des Markts sind in unseren Augen Anlagen in gut geführten Unternehmen, die Kontinuität in der operativen Entwicklung sowie ihren Finanzkennzahlen bieten, über langfristig günstige wirtschaftliche Perspektiven verfügen und attraktiv bewertet sind.

2. Den potenziell negativen Effekt höherer Ölpreise auf die Marktstimmung im Hinblick auf die indische Konjunktur haben wir etwas unterschätzt. Wir haben unsere indischen Bestände zu Quartalsbeginn zwar reduziert, diese Positionen machen aber noch immer einen bedeutenden Anteil am Fondsvermögen aus. Die Unternehmen, in die wir investiert sind, dürften von höheren Energiepreisen allerdings keine starke Beeinträchtigung erfahren, weshalb wir bei ihnen erhebliches Aufwärtspotenzial sehen. Zwar sind wir über die absolute Performance in Indien enttäuscht, halten den Fonds aber für gut positioniert, um die von uns angestrebten Renditevorstelllungen zu erfüllen.

3. Der Fonds verfügt über ein geringes Engagement in den russischen Märkten, die stark vom Grundstoffsektor getrieben sind und positive Beiträge zur Performance der Benchmark leisteten. Grundsätzlich bildeten die Qualität der Unternehmen und Corporate Governance Themen eine Herausforderung, Anlagemöglichkeiten in Russland zu finden. Insgesamt haben wir auf relativer Basis in anderen Regionen bessere langfristige Chancen gefunden, auch wenn wir kürzlich Gazprom in den Fonds aufgenommen haben – eine Gesellschaft, die unsere strikten Kriterien erfüllt.

Marktentwicklung

Die internationalen Märkte sind weiterhin damit beschäftigt, den doppelten Schock einer weltweiten Kreditklemme und höherer Rohstoffpreise zu verkraften. In vielen Ländern haben diese Schwierigkeiten die Unsicherheit der Investoren erhöht, eine starke Risikoaversion ausgelöst und zu einer Verengung der Bewertungsmultiplikatoren geführt.

In diesen chaotischen Märkten ist es zu einem Bewertungsaufschlag der Schwellenländer gegenüber den Märkten der Industrienationen gekommen. Gegen Ende des zweiten Quartals wurde Indien mit dem rund 13-fachen und China mit dem 15-fachen der erwarteten Gewinne bewertet, während die europäischen Märkte bei einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter 10 und der S&P 500 Index bei rund 13 notierte. Dies steht im Gegensatz zur allgemeinen Annahme, dass die Schwellenmärkte einen Abschlag zu den Industrienationen aufweisen sollten; wir halten die Prämie allerdings für gerechtfertigt, die in unseren Augen die Erwartungen der Anleger reflektiert, dass die Schwellenländer weiterhin ein höheres Wachstum als die Industrienationen aufweisen werden. In geringerem Masse kommt darin auch der Umstand zum Ausdruck, dass die Schwellenmärkte mehrheitlich von den Subprime-Themen verschont blieben, von denen Finanzinstitute und die Stimmung in der westlichen Welt beeinträchtigt wurden.

Regionale Entwicklungen

Indien
Unsere übergewichtete Position in Indien hat der relativen Performance im Berichtsquartal geschadet. Sorgen über ein nachlassendes Wirtschaftswachstum und eine steigende Inflation sowie ein Kapitalabzug vom Markt haben seit Jahresbeginn zu einem Kursrückgang indischer Aktien beigetragen. Ein geringes Wirtschaftswachstum bereitet uns keine allzu grossen Sorgen. Wir gehen davon aus, dass sich die Wachstumsrate des Landes von einer Bandbreite zwischen 8 und 9% auf 7 bis 8% abschwächt. Wichtiger ist das dahinter stehende Einkommenswachstum der von uns gehaltenen Unternehmen, bei denen wir an unserer Überzeugung festhalten, dass sie die erwarteten Wachstumsziele erreichen werden.

Viele Beobachter haben ihre Sorge über die Inflation in Indien zum Ausdruck gebracht. Unserer Auffassung nach ist Inflation mittlerweise ein weltweites Phänomen, nicht das eines einzelnen Landes. Zwar ist die Inflation höher als es der Reserve Bank of India lieb ist, die Notenbank ist jedoch aktiver gewesen als viele andere Zentralbanken, indem sie im vergangenen Jahr die Zinsen erhöhte, um das Wachstum zu drosseln und die Kreditexpansion unter Kontrolle zu bringen.

Dies sind natürlich makroökonomische Sorgen. Wir sind fundamentale Bottom-up-Investoren. Die jüngste Korrektur der Bewertungen hat einige indische Titel auf Sicht von drei bis fünf Jahren attraktiver gemacht. Bei einer Betrachtung des Potenzials der weltweiten Märkte, basierend auf der allgemeinen Attraktivität der an ihren Heimatbörsen notierten Unternehmen, stehen indische Unternehmen aufgrund ihrer Bewertung und Wachstumspotenziale nach wie vor weit oben auf der Liste.

Russland
Wir arbeiten weiterhin intensiv daran, attraktive Anlagemöglichkeiten in Russland zu finden und haben kürzlich Gazprom in den Fonds aufgenommen. Der weltweit grösste Gasproduzent und Russlands grösstes Unternehmen produziert 85% des Erdgases des Landes und kontrolliert 17% der weltweiten Gasvorräte. Die Gesellschaft ist gut positioniert, um von Nachfrageveränderungen in Europa – steigende Nachfrage bei rückläufiger eigener Förderung – und im Rest der Welt zu profitieren.

In Europa wird die Nachfrage nach Erdgas Prognosen zufolge bis 2015 um jährlich 3 bis 4% wachsen, während das Angebot jährlich nur um 2% steigt. Schon jetzt importiert Europa rund zwei Drittel seines Gasbedarfs, woran Gazprom einen Anteil von 30% hat. 2007 machten die Exporte nach Europa 34% des Absatzes und mehr als 74% des Umsatzes von Gazprom aus. Gasexporte sind extrem profitabel mit EBITDA-Margen zwischen 57 und 60%. Gazprom geht inzwischen für die nächsten drei Jahre von einem Preis für Exportgas von mehr als 300 USD pro Million Kubikmeter aus.

Die Positionierung des Unternehmens, die Bewertung und Wettbewerbsvorteile waren bei Gazprom nie ein Thema. Allerdings haben wir in jüngerer Zeit unter regulatorischen und Corporate Governance Aspekten mehr Vertrauen in das Unternehmen gewonnen. Im vergangenen Jahr haben sowohl die russische Regierung als auch Gazprom wiederholt Veränderungen bewirkt, die in unseren Augen langfristig zum Vorteil der Aktionäre sind. Zu diesen Massnahmen gehören Anpassungen bei den Steuern, den Tarifen und den Investitionen.

Brasilien
Brasilien ist ein Lichtblick für die weltweite Anlegerschaft und eines der wenigen Länder mit einer positiven Story im bisherigen Jahresverlauf. Die Schulden des Landes wurden kürzlich auf ‚Investment Grade’ heraufgestuft, was im Gegensatz zum Rest der Welt zu einer Ausweitung der Bewertungsmultiplikatoren führte. Unser Fonds, der in Brasilien übergewichtet ist, profitierte von der Heraufstufung sowie Brasiliens natürlicher Stärke in den Bereichen Energie, Bankgeschäfte und Landwirtschaft. Banco Itau, Itausa, Banco Bradesco und Petrobras leisteten nennenswerte positive Beiträge zur Fondsperformance.

Sektoren

Versorger, Industriewerte, IT und Energie gehörten zu den Sektoren des Fonds mit der besten Performance.

Finanzwerte
Während brasilianische Finanzinstitute auf relativer Basis positive Performancebeiträge leisteten, litt die relative Wertentwicklung unter unserem starken Engagement in indischen Finanztiteln. Housing Development Finance Corp. und HDFC Bank gehörten im Berichtsquartal zu den Fondswerten mit der schlechtesten Performance. Die enttäuschende Entwicklung resultierte in erster Linie aus einer Verengung der Bewertungsmultiplikatoren am indischen Markt und weniger aus Änderungen in den zugrunde liegenden fundamentalen Unternehmensdaten.

Nicht-zyklische Konsumgüter
Das zweite Quartal erwies sich für nicht-zyklische Konsumunternehmen als schwierig – ein Sektor, in dem der Fonds erheblich übergewichtet ist. Viele qualitativ hochwertige Unternehmen dieses Bereichs wurden während des Ausverkaufs am Markt nach unten gerissen. United Spirits beispielsweise, das führende Spirituosenunternehmen in Indien, verfügt über einen Marktanteil von mehr als 50% sowie über ein starkes Markenportfolio und Vertriebsnetz. Die Zuwachsraten bei den Absatzmengen sind weiterhin zweistellig. Trotz dieser Stärken hat die Gesellschaft im Berichtsquartal an Wert verloren. Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen aus dem Bereich nicht-zyklische Konsumgüter, in die wir investieren, die kurzfristige Volatilität überstehen und langfristig weiterhin ein hohes einstelliges bis niedriges zweistelliges Wachstum im Ergebnis je Aktie erzielen werden, was sich über einen längeren Zeitabschnitt in entsprechenden Kursgewinnen niederschlagen sollte.

Telekommunikation
Anlegersorgen über einen verschärften Wettbewerb durch Telefonica haben im Berichtsquartal zu Kursverlusten bei America Movile geführt. Wir halten den derzeitigen Margendruck für vorübergehend und sehen das grösste aktuelle und künftige Wachstumspotenzial des Unternehmens in Brasilien. Bharti Airtel in Indien leistete ebenfalls einen negativen Beitrag zur Fondsperformance, obwohl es im Berichtsquartal keine bedeutenden Unternehmensentwicklungen gab.

Portfolioveränderungen

Neue/aufgestockte Positionen
Sasol (Energie – Südafrika): Sasol ist eine südafrikanische, integrierte Ölgesellschaft. Sie erzielt 73% ihrer Gewinne aus der Produktion synthetischer Brennstoffe sowie von Öl und Chemikalien. Eine unternehmenseigene Technologie verleiht Sasol einen Wettbewerbsvorteil: Mit dem Fischer- Tropsch Prozess können ihre enormen Kohlevorräte in Flüssigbrennstoff umgewandelt werden. Sasol exportiert ihre Technologie im Rahmen von Joint Ventures in Länder, die über grosse Kohle- und Erdgasvorräte verfügen. Kurzfristig wird das Wachstum von Sasol von der Produktion eines Gemeinschaftsunternehmens im Bereich der Gasverflüssigung in Qatar getrieben. Mittelbis längerfristig werden die Wachstumsimpulse aus Partnerschaften in China, Indien und den USA hervorgehen.

Sasol weist überdurchschnittliche Margen auf, da die Gesellschaft kaum Explorations- und Entwicklungskosten zu tragen hat. Zudem verfügt sie über einen ausgesprochen sauberen und erfolgreichen Track Record. Zwar ist das Geschäft relativ kapitalintensiv, das Unternehmen erzielt jedoch nachhaltig operative Margen von mehr als 20% und weist eine Eigenkapitalrendite von fast 30% auf. Trotz einer starken Aktienkursentwicklung sehen wir in Sasol eine überzeugende Anlagechance.

Verkaufte oder reduzierte Positionen

Wir haben unser Engagement in Indien zu Beginn des Quartals auf breiter Front etwas reduziert.

High Tech Computer Company (IT – Taiwan): Dieser Hersteller von Mobilfunkgeräten hat eine starke Performance verzeichnet. Wir haben den Titel verkauft, als er unser Kursziel erreichte.

Wal-Mart de Mexico (Nicht-zyklische Konsumgüter – Mexiko): Wal-Mart de Mexico hat sich während seiner Fondszugehörigkeit gut entwickelt; Sorgen über die Auswirkungen einer konjunkturellen Abschwächung sowie Bewertungsaspekte veranlassten uns allerdings, den Titel zu veräussern. Wir investieren möglicherweise erneut in die Gesellschaft, sofern die Bewertung ein Niveau erreicht, das uns für unsere Sorgen kompensiert.

Titel mit positivem Performancebeitrag

Die Fondsbestände in Petrobras, Itausa, Banco Itau und High Tech Computer gehörten im Berichtsquartal zu den Titeln mit den höchsten positiven Performancebeiträgen.

Titel mit negativem Performancebeitrag

Gamuda, America Movile und HDFC Bank waren einige der Titel, die im Berichtsquartal die grössten negativen Beiträge leisteten.

Ausblick

Dies sind eindeutig sehr schwierige Zeiten für die globalen Finanzmärkte. Konjunkturelle Unsicherheit, geopolitische Turbulenzen, Inflationssorgen und eine breit basierte Negativstimmung trüben das Marktgeschehen ein. Die daraus resultierende Verengung der Multiples hat die Bewertungen vieler Unternehmen in einen potenziell attraktiven Bereich geführt. Dennoch sind Anlagen heute generell risikobehafteter als sie es noch vor zwölf Monaten oder gar einem Quartal waren. Auch wenn wir auf kurze Sicht von weiterhin verhaltenen Renditen ausgehen, werden die Wachstumsraten in den Schwellenländern in unseren Augen auch künftig höher ausfallen als in den Industriestaaten. Zwar sind wir über die absolute und relative Performance des Fonds im bisherigen Jahresverlauf enttäuscht, unsere Anleger können sich aber darauf verlassen, dass wir selbst in dieser extrem unsicheren Phase weiterhin an einem disziplinierten, Bottom-up- Investmentansatz festhalten. Unser Ziel ist es, in Unternehmen investiert zu sein, die über ein hohes, konstantes und verlässliches Gewinnwachstum verfügen, das unserem Fonds über einen längeren Betrachtungszeitraum ein Wertsteigerungspotenzial in ähnlicher Grössenordnung verleiht.

Quelle: Vontobel

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