Kommission für Aufhebung der parlamentarischen Immunität

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Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates reichte im Herbst 2007 Strafanzeige ein wegen Indiskretionen aus der Sitzung einer Subkommission, die mit der Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes beauftragt war. Der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, der vom Bundesrat ernannt wurde, um diese Vorkommnisse abzuklären, ersuchte die eidgenössischen Räte, zu prüfen, ob die parlamentarische Immunität von Nationalrat Brunner aufgehoben werden soll (siehe Art. 17 des Parlamentsgesetzes).

Gemäss dem Staatsanwalt könnte Nationalrat Brunner, der Mitglied der erwähnten Subkommission ist, den Entwurf eines vertraulichen Berichts mehrere Tage vor dessen offiziellen Zustellung zur Stellungnahme an das EJPD dem EJPD-Generalsekretär vorgelegt oder gar ausgehändigt haben. Damit könnte sich Nationalrat Brunner der Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig gemacht haben (siehe Art. 320 des Strafgesetzbuches sowie Art. 8 und 47 des Parlamentsgesetzes).

Die Kommission trat auf das Gesuch des ausserordentlichen Staatsanwalts des Bundes ein, weil der Sachverhalt ihrer Meinung nach in Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit von Herrn Brunner steht.

Mit 14 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission beschlossen, ihrem Rat zu beantragen, die Immunität von Nationalrat Brunner aufzuheben. Haben die Räte über ein Gesuch um Aufhebung der parlamentarischen Immunität zu entscheiden, müssen sie die verschiedenen Interessen gegeneinander abwägen: Auf der einen Seite steht das (öffentliche) Interesse an der Ahndung allfälliger Straftaten, auf der anderen Seite das (öffentliche) Interesse an einem reibungslosen Ratsbetrieb, der nicht durch missbräuchliche oder auf haltlosen Anschuldigungen beruhende Strafverfahren beeinträchtigt wird. In den Augen der Kommissionsmehrheit ist in diesem Fall das Interesse an einer Strafverfolgung höher zu gewichten: Es liegen konkrete Verdachtsmomente vor und die Justiz muss diesen Sachverhalt klären können. Die Kommissionsmehrheit pocht auf das Prinzip der Vertraulichkeit von Kommissionssitzungen; diese für den Parlamentsbetrieb unerlässliche Regel ist für die Geschäftsprüfungskommissionen von besonderer Bedeutung, vor allem, wenn diese wie im vorliegenden Fall mit der Überprüfung der Funktion von Institutionen beauftragt sind. Eine Kommissionsminderheit ist hingegen der Auffassung, dass der vorliegende Sachverhalt eine Strafverfolgung von Nationalrat Brunner nicht rechtfertigt.

Der Beschluss, die parlamentarische Immunität aufzuheben, greift dem weiteren Strafverfahren keineswegs vor: Dieses nimmt den gewohnten Lauf und auch für Nationalrat Brunner gilt bis zu seiner allfälligen Verurteilung die Unschuldsvermutung.

Die beiden Räte entscheiden, ob die parlamentarische Immunität aufgehoben wird oder nicht; zuerst behandelt der Rat, dem das beschuldigte Ratsmitglied angehört, das Gesuch (Art. 17 Abs. 1 und 2 ParlG). Für die Vorberatung sind die Kommissionen für Rechtsfragen zuständig (Art. 21 Abs. 3 GRN und Art. 17 Abs. 4 GRS). Beide Kommissionen geben dem beschuldigten Ratsmitglied Gelegenheit zur Stellungnahme (siehe Art. 17 Abs. 3 ParlG).

Die Kommission für Rechtsfragen tagt heute und morgen (19. und 20. Juni 2008) unter dem Vorsitz von Nationalrätin Gabi Huber (RL/GL) in Bern. Über weitere an ihrer Sitzung behandelte Geschäfte informiert die Kommission separat.

Bern, 19. Juni 2008 Parlamentsdienste

Quelle: Schweizerische Parlament

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