Kommissionssitzungsgeheimnis nicht aufheben, sondern stärken

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Gleich zwei parlamentarische Initiativen verlangen, dass die Sitzungen von parlamentarischen Kommissionen inskünftig öffentlich sein sollen und die Kommissionsprotokolle zu veröffentlichen seien ( 08.410 Pa.Iv. Fraktion V. Veröffentlichung der Kommissionsprotokolle sowie 08.427 Pa.Iv. Noser. Kommissionsprotokolle veröffentlichen). Der SVP-Fraktion geht es mit ihrer Initiative in erster Linie darum, Transparenz zu schaffen. Die Wählerinnen und Wähler sollen verfolgen können, wie sich ihre Vertreter im Parlament verhalten. Nationalrat Ruedi Noser (FDP, ZH) hingegen kritisiert, dass die geltenden Bestimmungen nicht eingehalten würden und diese Nichteinhaltung auch nicht sanktioniert würde. Es sei deshalb konsequent, das Sitzungsgeheimnis aufzuheben. Die SPK spricht sich mit 14 zu 11 Stimmen gegen die Initiative der SVP-Fraktion und mit dem gleichen Stimmenverhältnis gegen die Initiative von Nationalrat Noser aus.

Im Gegensatz zu den Initianten ist die SPK der Ansicht, dass die Vertraulichkeitsbestimmungen nicht aufgehoben werden sollen, sondern dass sich die Bundesversammlung im Gegenteil um die verstärkte Durchsetzung dieser Bestimmungen bemühen sollte. Sie sprach sich für die Überprüfung des geltenden Verfahrens bei der Ergreifung von Disziplinarmassnahmen aus. Dabei geht es der Kommission weniger um die Verschärfung der Massnahmen, wie dies Nationalrat Ruedi Lustenberger (CVP, LU) mit seiner Initiative verlangt ( 08.422 pa.Iv. Lustenberger. Kommissionsgeheimnis schützen), sondern um geeignete Verfahren zur wirksamen Durchsetzung von Disziplinarmassnahmen. Die Kommission beschloss deshalb mit 15 zu 8 Stimmen einen entsprechenden Initiativtext, welchem nun noch die SPK des Ständerates zustimmen muss. Nationalrat Lustenberger hat daraufhin seine Initiative zurückgezogen.

Gemäss Ansicht der SPK sind die Auswirkungen der Aufhebung der Vertraulichkeitsbestimmungen auf den politischen Entscheidungsprozess nicht zu unterschätzen. Sind die Kommissionssitzungen öffentlich, dann ist davon auszugehen, dass die Fraktionen ihren Mitgliedern in den Kommissionen weniger Spielraum lassen. Es bleibt dann nur noch wenig Raum für die Kompromissfindung. Will die Bundesversammlung weiterhin ein gestaltendes Parlament bleiben, muss sie über Organe verfügen, in denen auch spontane, noch nicht zu Ende gedachte Lösungsansätze diskutiert werden können. Ansonsten verlagert sich die Entscheidungsfindung auf die vorparlamentarische Ebene und findet zwischen Bundesrat, Fraktionsspitzen und Interessengruppen statt. Die Bundesversammlung verliert dann ihre Gestaltungsfunktion. Wichtige Weichenstellungen würden in den vorparlamentarischen Dunkelkammern stattfinden, wodurch die Transparenz nicht zu-, sondern abnehmen würde.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass betreffend die Tätigkeit von parlamentarischen Kommissionen durchaus Transparenz herrscht. In Pressemitteilungen wird nach den Sitzungen über die Ergebnisse der Beratungen orientiert. Dabei werden auch die Abstimmungsergebnisse bekannt gegeben. Auf Minderheiten wird hingewiesen. Auch in der Berichterstattung an den Rat werden die wichtigsten Positionen aufgezeigt. Minderheiten können ihre Anträge einreichen, wobei die Namen der Unterzeichner publiziert werden.

Weiter kommt hinzu, dass die parlamentarischen Kommissionen auf ihre ausgebauten Informationsrechte gegenüber Bundesrat und Verwaltung verzichten müssten. Diese Informationsrechte beruhen auf dem Amtsgeheimnis. Zahlreiche Kommissionen z.B. in den Bereichen der Oberaufsicht, der Aussenpolitik oder der Sicherheitspolitik könnten ihre Aufgaben kaum mehr wahrnehmen.

Schliesslich kann die Kommission das Argument nicht nachvollziehen, wonach die Vertraulichkeitsbestimmungen aufgehoben werden müssten, da sie nicht eingehalten würden. Die Nichteinhaltung eines Gesetzes durch Einzelne bedeutet nicht, dass dieses Gesetz nicht gut ist. Wenn im Strassenverkehr einige Verkehrsteilnehmer Tempolimiten nicht einhalten, heisst das auch nicht, dass die Limiten schlecht sind.

Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass das Sitzungsgeheimnis ein Farce sei, da es immer wieder gebrochen werde. Diese Regelverstösse würden zudem nicht geahndet. Die Öffentlichkeit hätte ein Anrecht darauf, zu erfahren, welche Prozesse zu bestimmten Entscheiden führen würden. Die Parlamentsmitglieder würden im Wahlkampf Versprechen abgeben. Die Wählerinnnen und Wähler sollten erfahren können, ob sich die Gewählten auch entsprechend verhalten würden. Parlamentarier und Parlamentarierinnen sollten sich nicht verstecken, sondern zu ihren Entscheiden stehen.

Die Kommission tagt am 26. / 27. Juni 2008 in Bern unter der Leitung ihres Präsidenten, Nationalrat Gerhard Pfister (CVP/ZG). Über weitere Geschäfte wird heute Freitag Nachmittag informiert.

Bern, 27. Juni 2008 Parlamentsdienste

Quelle: Schweizer Parlament

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