SPK-S: Minarett-Initiative: Untaugliches Instrument gegen islamistischen Fundamentalismus

2 mins read

Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates lehnt die Minarett-Initiative klar ab. Die Volksinitiative steht im Widerspruch zu zentralen Grundwerten der Schweiz und verstösst gegen das Völkerrecht. Statt den islamistischen Extremismus zu bekämpfen, leistet sie ungewollt solchen Tendenzen Vorschub.

Nachdem der Nationalrat in der vergangenen Frühjahrssession Volk und Ständen die Ablehnung der Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“ empfohlen hat, beantragt die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates ihrem Rat mit 9 zu 1 Stimmen ebenfalls eine ablehnende Abstimmungsempfehlung. Ein Minarett-Verbot würde im Widerspruch stehen zu zentralen Grundsätzen der schweizerischen Rechtsordnung wie dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung, dem Diskriminierungsverbot, der Religionsfreiheit und dem Verhältnismässigkeitsprinzip. Ein Minarett-Verbot würde die internationale Glaubwürdigkeit der Schweiz als Staat, der diese Grundwerte hochhält, beeinträchtigen. Indirekt würde damit die Verletzung der Religionsfreiheit der Christen in gewissen Staaten gerechtfertigt.

Die Kommission unterstreicht, dass die schweizerische Rechtsordnung von jeder Person ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit, selbstverständlich auch von Personen islamischer Konfession, vollumfänglich respektiert werden muss. Dazu braucht es kein Minarett-Verbot. Im Gegenteil, diese Massnahme würde die Integration der moslemischen Bevölkerung, die in ihrer grossen Mehrheit die die schweizerische Rechtsordnung respektiert, behindern und extremistischen Tendenzen Nahrung geben.

Mit 8 zu 0 Stimmen bei zwei Enthaltungen bejaht die SPK die Gültigkeit der Volksinitiative. Der Text der Initiative widerspricht nicht den von der Bundesverfassung genannten Gültigkeitsvoraussetzungen. Das Parlament darf nicht auf dem Wege einer neuen Auslegung der Bundesverfassung Volk und Stände hindern, die durch eine Volksinitiative gestellte Frage zu beantworten.

Ob die Bundesverfassung in der Weise geändert werden soll, dass künftig strengere Gültigkeitsvoraussetzungen gelten, lässt die SPK zurzeit noch offen. Sie hat ihre Stellungnahme zu einer vom Nationalrat gutgeheissenen parlamentarischen Initiative (07.477 Pa.Iv. Vischer. Gültigkeit von Volksinitiativen) ausgesetzt, bis der Bundesrat in voraussichtlich wenigen Monaten seinen von einem Postulat des Ständerates verlangten Bericht zum Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht dem Parlament unterbreitet haben wird.

Die SPK des Ständerates unterstützt mit 6 zu 2 Stimmen die von ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission ausgearbeitete und vom Nationalrat angenommene Änderung des Zivilgesetzbuches, wonach der rechtmässige Aufenthalt von Ausländern in der Schweiz zur Voraussetzung für eine Eheschliessung in der Schweiz werden soll (05.463 Pa.Iv. Scheinehen unterbinden). Mit dieser Gesetzesänderung soll die Unsicherheit und die uneinheitliche Praxis der Zivilstandsbehörden gegenüber heiratswilligen Personen, die sich rechtswidrig in der Schweiz aufhalten, beseitigt werden. Die Kommissionsminderheit sieht durch diese neue Vorschrift das von der Verfassung garantierte Recht auf Ehe gefährdet. Die Kommissionsmehrheit weist demgegenüber darauf hin, dass bei der konkreten Umsetzung der neuen Vorschrift das verfassungsmässige Verhältnismässigkeitsprinzip beachtet werden muss und damit das Recht auf Ehe gewahrt werden kann.

Nachdem der Nationalrat der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Freysinger (SVP/VS) betreffend die finanzielle Auswirkung von Interessenbindungen (07.467) Folge gegeben hat, beantragt die SPK dem Ständerat mit 4 zu 3 Stimmen die Ablehnung dieser Initiative. Die Transparenz über die Interessenbindungen der Ratsmitglieder wird durch die geltende gesetzliche Regelung in genügender Weise gewährleistet. Die Offenlegung aller Einkünfte würde schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen und hätte eine zweifelhafte Aussagekraft betreffend das tatsächliche Ausmass vorhandener Interessenbindungen.

„Grünes Licht“ für die Ausarbeitung einer Vorlage erhält die SPK des Nationalrates durch die einstimmige Zustimmung (11:0) der Schwesterkommission zu ihrer parlamentarischen Initiative „Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen“ (09.402). Die Initiative verlangt, dass Notverordnungen des Bundesrates, die keine gesetzliche Grundlage haben, befristet werden. Die zuständigen Parlamentsorgane sind zu Verfügungen des Bundesrates ohne gesetzliche Grundlage (z.B. die Aktenvernichtung im „Fall Tinner“) zu konsultieren oder zumindest unverzüglich zu informieren. Dringende Ausgabenbeschlüsse von grosser Tragweite sind dem Parlament innert kurzer Frist zur Genehmigung zu unterbreiten.

Die Vernehmlassungsvorlage zu 08.515 Pa.Iv. Bedingter Rückzug einer Volksinitiative im Falle eines indirekten Gegenvorschlages wird am 30. März 2009 veröffentlicht.

Die Kommission tagte am 26./27. März 2009 in Bern unter der Leitung ihres Präsidenten Hansheiri Inderkum (CVP/UR).

Bern, 27. März 2009, Parlamentsdienste

Quelle: Die Bundesversammlung – Das Schweizer Parlament

Write your comment

Previous Story

ETHOS EMPFIEHLT ABLEHNUNG DES NEUEN UBS-VERGÜTUNGSMODELLS

Next Story

WBK-S: Kulturförderungsgesetz steht

Latest News

Tarak Mehta verlässt ABB

ABB gab heute bekannt, dass Tarak Mehta, Leiter des Geschäftsbereichs Antriebstechnik und Mitglied der Konzernleitung, beschlossen…