Zweite Schweizerische Geschichtstage – Tagungsthema «Grenzen»

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Die Ausschreibung der Zweiten Schweizerischen Geschichtstage zum Thema «Grenzen» ist auf grosses Interesse gestossen. Über 300 Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland werden erwartet. 66 Panels setzen sich mit Grenzziehungen, aber auch mit Grenzüberschreitungen und Entgrenzungen in unterschiedlichen historischen Kontexten wie auch innerhalb der Geschichtswissenschaft( en) auseinander. Organisiert werden die Geschichtstage von der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte SGG in Zusammenarbeit mit dem Historischen Seminar der Universität Basel.

Warum muss die Grenze zwischen Mensch und Tier immer wieder neu definiert werden? In welchem Verhältnis stand die Entgrenzung der Erde durch Gagarins Kosmosflug zum realen sowjetischen Alltag im Jahr 1961? Wie wurde Verwandtschaft im europäischen Spätmittelalter zu einem Instrument der sozialen Grenzziehung? Wo lagen die Grenzen religiöser Toleranz in der Schweiz im 19. Jahrhundert? Dies nur vier der Fragen, die an den Zweiten Schweizerischen Geschichtstagen diskutiert werden. Die vorgestellten Forschungsergebnisse decken die Zeiträume von der Alten Geschichte bis zur jüngsten Zeitgeschichte ab und geben Einblick in verschiedene Bereiche der Geschichtswissenschaft: von der politischen Geschichte über die Sozial- zur Kulturgeschichte, von der Geschlechtergeschichte über die Technikgeschichte zu einer neuen Geschichte der Ökonomie.

Viele Panels verweisen auf die wissenschaftlichen Trends der letzten Jahre: Kolonialismus und Postkolonialismus, Körper als Schnittstellen normierender Diskurse oder das Verhältnis der Geschichte zu anderen Wissenschaften. Mit der Untersuchung internationaler und interkultureller Verflechtungen und Transfers wird dem seit einiger Zeit intensiv diskutierten Paradigma der transnationalen Geschichtsschreibung Rechnung getragen. Gleichzeitig sind die Geschichtstage als Grossanlass auch Gradmesser für Fragestellungen, die an Aktualität gewinnen. Eindeutig ablesbar ist dabei: Menschenrechte und Sozialpolitik sowie entsprechende internationale Organisationen stehen stark im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Big Shots, Nachwuchs und historische Berufsgruppen
Fast die Hälfte der Tagungsteilnehmenden gestaltet das Programm aktiv mit. Vielen Panelverantwortlichen ist es gelungen, bekannte in- und ausländische Namen für ihre Veranstaltungen zu gewinnen. Junge Historiker und Historikerinnen diskutieren so auf Augenhöhe mit den Big Shots.

Für Geschichtsstudierende ist der Anlass die ideale Gelegenheit, sich umfassend über das eigene Fach ins Bild zu setzen. Ausserdem will der Kongress zur Weiterbildung in den historischen Berufen beitragen. Geschichtsdidaktische Panels werden an allen fünf Halbtagen des Kongresses angeboten. Sie befassen sich etwa mit dem historischen Ler2 nen im Kindheitsalter oder mit der anspruchsvollen Aufgabe der Überführung wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Schulunterricht.

Archivwissenschaftliche Panels ziehen ein weiteres Berufsspektrum an. Das in einer Postersession und einer Podiumsdiskussion verhandelte Thema der Digitalisierung dürfte darüber hinaus von grossem Interesse sein: Die Veröffentlichung von Texten, Bildern und Tönen via Internet stellt Archive und Bibliotheken vor stets neue Herausforderungen. Gleichzeitig ist es eine interessante Frage, wie sich die Fülle global jederzeit und sofort abrufbarer Daten auf die historische Forschung auswirkt.

Geschichte für Alle
Für Hauptvorträge konnten mit Jürgen Osterhammel (Universität Konstanz), Merry Wiesner (University of Wisconsin) und Gérard Noiriel (EHESS Paris) drei renommierte Persönlichkeiten gewonnen werden. Weil die Ermöglichung und Begrenzung des Denkens durch Sprache auch in den Geschichtswissenschaften zu einem zentralen Gegenstand der Auseinandersetzung geworden ist, findet zudem eine literarische Veranstaltung statt. Unter dem Titel «Ein Pinselstrich – weder eine Grenze noch eine Brücke» wird sich die in deutscher und japanischer Sprache schreibende Schriftstellerin Yoko Tawada mit Auszügen aus ihren Essays, Gedichten und Erzählungen auf zugleich scharfsinnige wie spielerische Weise an die Thematik annähern. Die Hauptvorträge und die Lesung sind – anders als das übrige Programm – nicht kostenpflichtig. Geschichte soll an den Geschichtstagen allen zugänglich sein.

Tagung im Wachstum
Die Geschichtstage wurden 2007 an der Universität Bern zum ersten Mal durchgeführt, und sie sollen auch in Zukunft alle drei Jahre an wechselnden historischen Seminarien der Schweiz organisiert werden. Sie sind der grösste von einer Fachgesellschaft organisierte Kongress auf dem Gebiet der Geistes- und Kulturwissenschaften in der Schweiz. An der Basler Tagung 2010 sind gegenüber 2007 noch einmal etwa 20 Panels und gut 100 Referierende mehr angemeldet. Viele Panels sind mehrsprachig und von den Referierenden stammt etwa ein Drittel aus dem Ausland. Damit wird der Anlass seinen eigenen Zielsetzungen gerecht: die Kommunikation innerhalb der Schweizerischen Geschichtswissenschaften zu intensivieren, sie international zu vernetzen und gegenüber der Öffentlichkeit zu zeigen, was Geschichte in der heutigen Gesellschaft zu leisten vermag und leisten muss.

Die Zweiten Schweizerischen Geschichtstage finden vom 4. bis 6. Februar statt. Tagungsort ist das Kollegienhaus der Universität Basel. Unter www.geschichtstage.ch finden sich alle Informationen zum Kongress. Bis zum 13. Januar kann man sich hier auch anmelden. Tageseintritte können vor Ort gelöst werden (CHF 60.-, SGG-Mitglieder CHF 50.-, Studierende und Doktorierende CHF 30.-; Am Donnerstagnachmittag gelten die halben Preise). Die öffentlichen Veranstaltungen finden in der Aula statt: Der Vortrag von Jürgen Osterhammel am Donnerstag, 4. Februar, 14:00-15:00 Uhr; der Vortrag von Merry Wiesner am Freitag, 5. Februar, 09:00-10:00 Uhr; der Vortrag von Gérard Noiriel am Samstag, 6. Februar, 09:00-10:00 Uhr; Die Lesung von Yoko Tawada am Donnerstag, 4. Februar, 19:30-21:00 Uhr.

Quelle: Universität Basel

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