Aufwertung der parlamentarischen Vorstösse

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Die Behandlung der parlamentarischen Vorstösse gibt immer wieder zu Kritik Anlass. Einerseits wird die grosse Zahl der Vorstösse beklagt, andererseits wird kritisiert, dass die Vorstösse im Verfahren des Nationalrates ungebührlich vernachlässigt werden. Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates hält fest, dass es eine legitime und wichtige Aufgabe der Ratsmitglieder ist, die Interessen ihrer Wählerschaft auch durch das Einreichen von Vorstössen zu vertreten. Die Ausübung grundlegender demokratischer Rechte darf nicht durch oberflächliche Effizienzüberlegungen in Frage gestellt werden. Die immer wieder geäusserte Idee einer Kontingentierung der Vorstösse erweist sich bei näherer Betrachtung als unpraktikabel und kontraproduktiv. Durch verschiedene Massnahmen sollen die Vorstösse im Verfahren des Nationalrates aufgewertet werden. Mit einer griffigen Regelung soll erreicht werden, dass im Nationalrat genügend Behandlungszeit für persönliche Vorstösse reserviert wird (8 Stunden pro Session). Potenziell mehrheitsfähige Vorstösse, das heisst Vorstösse des anderen Rates und Kommissionsvorstösse sollen konsequent prioritär behandelt werden (Umsetzung von 06.416 Pa.Iv. Hämmerle. Vorrang für Kommissionsvorstösse). Vorstösse, die zwei Jahre nach ihrer Einreichung vom Rat noch nicht behandelt worden sind, sollen nicht mehr ohne Behandlung durch den Rat abgeschrieben werden können. Stattdessen soll über diese Vorstösse ohne Diskussion abgestimmt werden.

Damit unter anderem mehr Beratungszeit für Vorstösse zur Verfügung steht, werden einerseits die ordentlichen Beratungszeiten des Nationalrates leicht verlängert (Abendsitzungen am Montag der zweiten und dritten Sessionswoche, obligatorische Sondersession im 2. Quartal des Jahres), andererseits sollen andere Beratungsgegenstände effizienter behandelt werden können (Schaffung einer neuen Beratungskategorie mit kürzerer Redezeit in der Eintretensdebatte, Durchführung von organisierten Debatten bei umfangreichen Detailberatungen von Erlassentwürfen).

Im Rahmen der Sammelvorlage ( 07.400 Pa.Iv. SPK-NR. Parlamentsrecht. Verschiedene Änderungen) werden von der SPK auch verschiedene weitere Änderungen des Parlamentsrechts vorgeschlagen, u.a.:

Auf die heute vorgeschriebene obligatorische Mitwirkung der Finanzkommissionen bei der Vorberatung von finanzrelevanten Vorlagen soll künftig verzichtet werden. Die Finanzkommissionen sollen aus eigener Initiative dann einen Mitbericht erstatten, wenn ihnen dies sinnvoll erscheint (Umsetzung von 06.467 Pa.Iv. Abate. Änderung des Parlamentsgesetzes. Kompetenzen der Finanzkommission).

Es wird erstmals geregelt, wie im Falle einer Amtsunfähigkeit eines Mitglieds des Bundesrates verfahren werden soll. Es soll vermieden werden, dass ein Sitz im Bundesrat während längerer Zeit de facto vakant bleiben kann (Umsetzung von 05.437 Pa.Iv. Hochreutener. Handlungsunfähige Bundesräte).

Eine Kommissionsminderheit von 11 Mitgliedern schlägt vor, dass im Nationalrat nicht wie bisher die 25 Sitze in einer einzelnen Kommission, sondern die 275 Sitze in allen ständigen Kommissionen proportional auf die Fraktionen verteilt werden. Dadurch ergäbe sich eine gleichmässigere Verteilung der Sitze auf die Fraktionen und die heute in den Kommissionen untervertretenen Fraktionen der FDP und der SP erhielten je vier zusätzliche Kommissionssitze. Eine weitere Minderheit von 8 Kommissionsmitgliedern schlägt vor, dass jedes Ratsmitglied, d.h. insbesondere auch ein Ratsmitglied ohne Fraktionszugehörigkeit, neu Anspruch auf einen Kommissionssitz erhält. Die Kommissionsmehrheit lehnt diese Neuerungen ab, weil sie dazu führen würden, dass die parteipolitische Zusammensetzung der einzelnen Kommissionen unterschiedlich würde und die Kommissionen nicht mehr ein repräsentatives Abbild des Gesamtrates darstellen würden.

Die vollständige Vorlage kann im Internet eingesehen werden (http://www.parlament.ch/d/dokumentation/ed-berichte-parl-org/Seiten/ed-pa-berichte-parlament-spk.aspx).

Im Übrigen hat die SPK eine parlamentarische Initiative ( 07.478 Pa.Iv. John-Calame. Parlamentsressourcengesetz. Gleichbehandlung) vorgeprüft, mit welcher eine Verbesserung der Sozialversicherungsleistungen für diejenigen Ratsmitglieder verlangt wird, die ihr Parlamentsmandat hauptberuflich ausüben. Solche Ratsmitglieder sollten dieselben Leistungen der beruflichen Vorsorge und denselben Versicherungsschutz im Falle von Krankheit oder Unfall erhalten wie diejenigen Ratsmitglieder, die als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund ihrer ausserparlamentarischen Tätigkeit versichert sind. Die SPK beantragt ihrem Rat mit 17 zu 8 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Eine obligatorische Unfallversicherung für die Ratsmitglieder wäre nicht zweckmässig, weil die wenigen nicht bereits aufgrund ihrer ausserparlamentarischen Tätigkeit versicherten Mitglieder mit geringem Aufwand einen entsprechenden Zusatz zu ihrer obligatorischen Krankenversicherung abschliessen können. Was den Erwerbsausfall wegen Krankheit betrifft, so sind die entsprechenden Ansprüche der Ratsmitglieder heute bereits besser, als dies der Fall wäre bei der von der Initiantin vorgeschlagenen Anwendung des Obligationenrechts. Mit der Gesetzesrevision von 2002 hat sich das Parlament für eine Vorsorgelösung entschieden, welche als Ergänzung zur ordentlichen beruflichen Vorsorge konzipiert ist. Es werden die Nachteile kompensiert, welche ein Ratsmitglied aufgrund einer vorübergehenden Einschränkung der ausserparlamentarischen Berufstätigkeit bei seiner beruflichen Vorsorge erleidet. Die Entwicklung einer darüber hinaus gehenden Lösung im Sinne einer ordentlichen beruflichen Vorsorge für die Ratsmitglieder wäre einem Parlament nicht angemessen, das sich nach wie vor nicht als reines Berufsparlament versteht.

Die Kommission tagte am 21./22. Februar 2008 in Bern unter der Leitung von Nationalrat Gerhard Pfister (CVP/ZG).

Quelle: Schweizer Parlament

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