Keine Quoten für die Vertretung der Sprachregionen und der Geschlechter im Bundesrat

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Nationalrat Josef Zisyadis (G, VD) verlangt mit seiner parlamentarischen Initiative (09.445 Mindestanzahl Mitglieder aus der lateinischen Schweiz) eine Verfassungsänderung, wonach im Bundesrat immer mindestens zwei Mitglieder der lateinischen Sprachgemeinschaften vertreten sein müssen. Nationalrat Jean-Claude Rennwald (SP, JU) will mit seiner Initiative (09.481 Für eine angemessene Vertretung der Sprachregionen und Frauen im Bundesrat) in der Verfassung festlegen, dass vier Mitglieder des Bundesrates die deutsche Schweiz, zwei die französische Schweiz und ein Mitglied die italienische Schweiz vertreten. Zudem sollen beide Geschlechter im Bundesrat mit mindestens drei Personen vertreten sein. Die Kommission lehnt die Initiative 09.445 mit 17 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung und die Initiative 09.481 mit 16 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab. Sie weist darauf hin, dass die Bundesversammlung bisher die Bestimmung in Artikel 175 Absatz 4 der Bundesverfassung, wonach sie bei Bundesratswahlen Rücksicht zu nehmen habe auf eine angemessene Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen, sehr ernst genommen hat, wie sich das in einer Willensnation gehört. Es sei an die angeregten Diskussionen anlässlich der letzten Ersatzwahlen in den Bundesrat erinnert, bei denen die nicht eindeutige Zugehörigkeit eines Kandidaten zur französischen Sprachregion stark ins Gewicht fiel. Diese Diskussion hat zudem gezeigt, dass eine eindeutige Zuordnung eines Kandidaten oder einer Kandidaten zu einer bestimmten Sprachregion nicht immer ganz einfach ist. Durch die Einführung von Quoten würde der Handlungsspielraum der Bundesversammlung stark eingeschränkt. Die Rücksichtnahme auf die Minderheiten soll aus freiem Willen erfolgen und nicht erzwungen werden – wie ausländische Beispiele zeigen, wirken sich derartige Zwänge negativ auf das Zusammenleben mehrerer Sprachgemeinschaften aus. Bezüglich der Vertretung der Geschlechter kann die Kommission ebenfalls erfreut feststellen, dass der Bundesrat heute auch ohne entsprechende Vorschriften ausgewogen zusammengesetzt ist. Die Kommissionsminderheit ist jedoch der Ansicht, dass nur eine Quote die angemessene Vertretung der Sprachregionen garantieren könne.

09.466 n Pa.Iv. Fraktion V. Definition des zwingenden Völkerrechts

Verletzt eine Volksinitiative zwingendes Völkerrecht, so hat sie die Bundesversammlung gemäss geltender Verfassung für ungültig zu erklären. Der Begriff “zwingendes Völkerrecht” ist in der Verfassung nicht näher definiert. In der Praxis versteht man darunter den Kern des humanitären Kriegsvölkerrechts, die notstandsfesten Garantien der EMRK, das Gewaltverbot, das Aggressionsverbot sowie das Genozid-, Sklaverei- und Folterverbot. Die SVP möchte in der Verfassung festgeschrieben haben, was unter das zwingende Völkerrecht fällt. Die Kommission lehnt die entsprechende parlamentarische Initiative mit 14 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Der Verfassungsgeber hat 1998 bewusst auf eine nähere Definition des ius cogens verzichtet, da sich dieses aufgrund der internationalen Praxis weiter entwickeln kann. Die Bundesbehörden haben sich bei der Anwendung jedoch immer an eine sehr enge Auslegung gehalten. Der Formulierungsvorschlag der SVP deckt jedoch nicht vollständig die heute in der Praxis verwendete Definition des Begriffs ab. Nach Ansicht der Kommissionsminderheit kann jedoch nur durch eine Definition in der Verfassung sicher gestellt werden, dass die Bundesversammlung die Ungültigkeitsgründe nicht immer weiter ausdehnt.

09.480 n Pa.Iv. Fraktion V. Keine Ausweitung der obligatorischen Auskunftspflicht bei statistischen Erhebungen des Bundes

Natürliche Personen sollen zukünftig ausser bei der Volkszählung nicht mehr verpflichtet sein, auf Umfragen des Bundesamts für Statistik Auskunft zu geben. Die SPK hat einer Initiative der SVP-Fraktion, wonach das Bundesstatistikgesetz so zu ändern ist, dass nur auf freiwilliger Basis Auskunft gegeben werden muss, mit 19 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung deutlich Folge gegeben. Die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung, die sich u. a. mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt, dem Einkommen und dem allgemeinen Gesundheitszustand befasst, ist zweifelsohne ein wichtiges Instrument. Eine Auskunftspflicht, namentlich verknüpft mit der Androhung von Bussen bei Auskunftsverweigerung, geht jedoch zu weit. Die Kommission bezweifelt sehr, dass die Bussenandrohung die Qualität der erhobenen Daten verbessert. Die SPK erachtet eine Auskunftspflicht als einen starken staatlichen Eingriff in die durch die Bundesverfassung geschützte Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. Die Statistik würde dann nicht mehr dem Bürger dienen, sondern der Bürger der Statistik.

Presseförderung: Einreichung einer Kommissionsinitiative

Die Presse in der Schweiz steht unter grossem wirtschaftlichem Druck. Das aktuelle System der indirekten Presseförderung mittels Verbilligung der Posttaxen ist zwar in der momentanen Situation unabdingbar, sollte aber langfristig durch ein effizienteres System abgelöst werden. Die Kommission möchte deshalb einen neuen Anlauf zur Erarbeitung eines neuen Modells nehmen und unterbreitet der Ständeratskommission mit 11 zu 8 Stimmen eine entsprechende Kommissionsinitiative. Die Minderheit hätte vorerst das Ergebnis der Beratungen zum Postgesetz abwarten wollen, bevor sie über die Notwendigkeit einer Initiative entscheidet.

Unterstützung der politischen Parteien: Kommission sieht keinen Handlungsbedarf

Aufgrund von Anregungen aus ihren Reihen hat die Kommission verschiedene Vorschläge für eine finanzielle Unterstützung politischer Parteien geprüft, wobei allerdings keiner der Vorschläge eine Mehrheit fand. Die Kommission erachtet es zum jetzigen Zeitpunkt nicht als opportun, Steuergelder für die Finanzierung politischer Parteien einzusetzen und spricht sich gegen die Einreichung einer Kommissionsinitiative aus. Auch möchte die Kommission auf die Einreichung einer Initiative zur Erhöhung der Transparenz der Parteifinanzen verzichten. Offenlegungspflichten laden zu Umgehungen ein und schaden somit der Glaubwürdigkeit der Politik mehr als sie nützen. Die Minderheit ist der Ansicht, dass angesichts der Bedeutung der Parteien für das Funktionieren der Demokratie dringender Handlungsbedarf bestehen würde.

Die Kommission tagte am 4./5. Februar 2010 unter dem Vorsitz von Nationalrat Yvan Perrin (SVP/NE).

Bern, 5. Februar 2010 Parlamentsdienste

Quelle: News Service des Schweizer Parlaments

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