Neues aus Fukushima

3 mins read

1. Noch immer viel zu hohe Strahlungswerte

Auf der Webseite des japanischen Wissenschaftsministeriums sind die aktuellen Strahlungswerte publiziert. Diese Werte (Fallout) waren um den Neuwechsel erneut extrem hoch, so hoch, wie vor Sommer 2011. Und das längst nicht nur in Fukushima sondern auch in der Präfektur Chiba rund 200 Kilometer von Unfallreaktor entfernt. Das Thema wird in den Medien vollkommen totgeschwiegen. Professor Kunihiko Takeda von der Chubu-University warnt die Bevölkerung auf seiner Webseite ausdrucklich vor dieser Gefahr.
» zur Website

2. Rückbau kostet mindestens 14 Milliarden Franken

Die japanische Regierung und Tepco haben am 21. Dezember 2011 gemeinsam ihre Pläne für den mittel- und langfristigen Abbau der Unfallreaktoren bekannt gegeben. Demnach dauert der Abbau maximal 40 Jahre – also mindestens bis 2051. Zahlreiche Fachleute und Medien halten diesen Plan jedoch für unrealistisch. Von Tepco nicht bekannt gegeben wurden die voraussichtlichen Kosten. Die Zeitung Mainichi-Shinbun erklärt dazu, dass die Bekanntgabe dieser Kosten Tepco pleite gehen lassen könnte. Die Kommision der Regierung schätzt die Kosten auf mindestens 1,2 Billionen Yen (ca. 14,4 Mrd. CHF).
Quelle: Mainichi- Shinbun

3. Auch menschliches Versagen führte zum Super-GAU

Ende Dezember hat die staatliche Untersuchungskommision für den AKW-GAU in Fukushima eine 500-seitige Zwischenbilanz veröffentlicht. Darin wurde bestätigt, dass nicht nur Erdbeben und Tsunami, sondern auch mehrfaches menschliches und kommunikatives Versagen die Kernschmelze mit verursacht haben. Bespiel: Im Reaktor 3 hat ein Mitarbeiter am 13. März das Ventil für den Kühlkreislauf geschlossen, ohne das Komandozentrum zu fragen und ohne die Notbatterie vorzubereiten. Dadurch blieb der Reaktorkern während 7 Stunden ungekühlt. Noch immer nicht untersucht ist die Frage, ob Reaktoren und Kühlkreisläufe bereits durch das Erdbeben beschädigt worden sind oder erst durch den Tsunami. Sollte sich das Erdbeben als die Hauptursache herausstellen, hätte dies gewaltige Konsequenzen: Nirgends in Japan dürfte je wieder ein AKW betrieben werden.
» mehr dazu (englische Seite)

4. Gleiche Köpfe – Neue Energiepolitik?

Die Frage nach Verantwortung und Schuld wird durch die staatliche Untersuchungskommision für den AKW-GAU ausdrücklich ausgeklammert. Niemand ist bisher zur Verantwortung gezogen worden, weder Manager, Politiker, Wissenschafter noch hohe Beamte – auch die Mitarbeiter im neuen Reaktorsicherheitsamt sind die gleichen wie vorher. Sachio Yamaguchi, Vorsitzender der Umweltorganisation «Citizens‘ Nuclear Information Center» beschreibt in seiner Neujahrsbotschaft seine Beobachtung, dass diese Leute überhaupt keine Reue zeigen. Dementsprechend auch die Haltung der Kommission im Wirtschaftsministerium, die zur Zeit das Konzept für die künftige Energiepolitik Japans erarbeitet. Nur gerade ein Drittel der 25 Mitglieder der Kommission sind atomkritisch. Tetsuya Iida, ein bekannter atomkritischer Energiefachmann und Mitglied der Kommission, kritisiert, dass sich Arbeit und Denken derselben nicht verändert habe, ja dass gar eine Tendenz zum Rückschritt ins Atom-Zeitalter bestehe.

Sicher ist nur: Japan wird künftig weniger AKW haben als vor Fukushima geplant. Zur Zeit sind noch sechs der 54 japanischen Reaktoren am Netz. Zwei der vier Hauptinseln Japans – Shikoku und Kyushu – sind bereits ab 13. Januar dieses Jahres atomfrei.
Quelle: ISEP, CNIC

5. Atomenergie belastet die Staatskasse

Im Budgetvorschlag der japanischen Regierung für das neue Jahr (4.2012-3.2013) sind u.a. folgende Kosten vorgesehen:

  • Dekontamination: 451 Mrd. Yen (ca. 5,4 Mrd. CHF)
  • Aufstockung Sicherheitsamt: 50,4 Mrd Yen (ca. 605 Mio. CHF)
  • Forschung für erneuerbare Energien: 44,1 Mrd. Yen (ca. 530 Mio. CHF, das sind immerhin 24 Prozent mehr als 2011)
  • Fördergelder für erneuerbare Energien: 38,1 Mrd. Yen (ca. 46 Mio. CHF)
  • Forschung Kernenergie: 209,5 Mrd. Yen (ca. 2,5 Mrd. CHF)
  • Sicherheitsmassnahmen für AKW: 26,4 Mrd. Yen (ca. 32 Mio. CHF, das sind 14 mal mehr als 2011)

Zusammengerechnet (ohne Unfallkosten) sind das ganze 420 Mrd. Yen (ca. 5 Mrd. CHF) für die Atomenergie. Die Atomenergie erweist sich also einmal mehr als sehr teuer.
Quelle: Zahlen aus Mainichi-Shinbun

6. Japanisches Staatsfernsehen warnt vor Niedrigstrahlung

Kürzlich hat das japanische Staatsfernsehen NHK eine kritische Sendung über die gesundheitlichen Folgen von Niedrigstrahlung gezeigt. Darin wird die Behauptung der International Commission on Radiological Protection ICRP hinterfragt, die behauptet, lebenslange Niedriegstrahlungsmengen unter 100 Milisievert hätten keinen Einfluss auf die Häufigkeit von Krebserkrankungen. Die japanische Regierung hat diese internationalen Standardwerte übernommen. Ein ehemaliger ICRP Mitarbeiter bestätigte in der Sendung, dass die internationalen Standards keinerlei wissenschaftlichen Hintergrund haben, sondern eine politische Entscheidung seien. Aus Kostengründen habe ICRP die realen Risiken der Niedrigstrahlung einfach halbiert. Diese Sendung hat das japanische Publikum verständlicherweise sehr beunruhigt.
zum Video der Sendung

7. Fukushima aus Patientenstatistik ausgeschlossen

Jedes dritte Jahr führt das japanische Gesundheitsministerium eine Patientenuntersuchung in sämtlichen Kliniken und Spitälern des Landes durch, um Daten für die Statistik zu erhalten. Die letzte Untersuchung hat im Herbst 2011 stattgefunden. Die Präfektur Fukushima wurde dabei erstmals ausgeschlossen. Die Begründung: Angeblicher Personalmangel in den Spitälern. Da in anderen vom Tsunami betroffenen Gebieten die Untersuchung ganz normal durchgeführt wurde, liegt der Verdacht nahe, man wolle die gesundheitlichen Folgen des Reaktorunfalls verstecken.
Quelle: Tokyo-Shinbun

Zusammengestellt von Kaori Takigawa

Quelle: Schweizerische Energie-Stiftung SES

Write your comment

Previous Story

HR Access schafft mit „Mobile Apps“ mehr Flexibilität in der Personalarbeit

Next Story

CeBIT 2012: Vertec Dienstleistungs-CRM und -ERP auch per iPhone nutzbar

Latest News