Die einheimischen Ressourcen reichen nur bis zum 17. April, um den Energiebedarf der Schweiz zu decken. Danach ist die Schweiz bis zum Jahresende auf importierte Energieträger wie Öl, Gas und Uran angewiesen, wie die Schweizerische Energie-Stiftung SES berechnet hat. Die Energiewende bietet die Chance, diesen Energie-Unabhängigkeitstag zukünftig immer weiter nach hinten zu verschieben und die Energieunabhängigkeit der Schweiz zu stärken.
Die Energieversorgung der Schweiz ist geprägt durch eine hohe Auslandabhängigkeit. Mehr als 70 Prozent unserer Energieträger werden importiert, dazu gehören alle Erdölprodukte, Erdgas sowie die Kernbrennstoffe. Für den Import überweist die Schweiz im Durchschnitt jährlich über 11 Milliarden Franken ins Ausland. Sinnbildlich für die hohe Auslandabhängigkeit steht der sogenannte «Energie-Unabhängigkeitstag». Analog zum «Earth Overshoot Day» für alle Ressourcen gibt der Energie-Unabhängigkeitstag an, bis wann die inländischen Energieträger reichen, würden seit Anfang Jahr nur diese gebraucht. Ab dem Energie-Unabhängigkeitstag leben die Schweizerinnen und Schweizer bei der Energieversorgung auf Pump, sind also vom Ausland abhängig.
Schweiz im europäischen Vergleich im hinteren Mittelfeld
Mit einer berechneten Energie-Unabhängigkeitsquote von 29.5 Prozent im Jahr 2024 liegt die Schweiz im Vergleich zu den EU-Ländern im hinteren Mittelfeld (Grafik 1). Spitzenreiter ist mit grossem Abstand Estland mit einer Unabhängigkeit von 99 Prozent. Die Schlusslichter des Vergleichs sind Luxemburg, Zypern und Malta mit einer Energie-Unabhängigkeitsquote von unter 10 Prozent.
Mehr Unabhängigkeit ist möglich
In den letzten 20 Jahren hat die Schweiz ihre Energieunabhängigkeit kontinuierlich von rund 20 Prozent im Jahr 2001 auf fast 27 Prozent im Jahr 2022 gesteigert (Grafik 2). Die Jahre 2020 und 2021 stellen Ausreisser nach oben während Corona-Pandemie dar, aufgrund der reduzierten Nachfrage nach ausländischen Energieträgern vor allem in der Mobilität und in der Industrie.
Die Energiewende weg von fossilen und nuklearen Energieträgern hin zu einer erneuerbaren und klimafreundlichen Energieversorgung wird die Energieunabhängigkeit der Schweiz in Zukunft zusätzlich stärken. Denn der Ausbau der inländischen erneuerbaren Stromproduktion und die gleichzeitige Elektrifizierung vieler Anwendungen senkt die Abhängigkeit von Energieimporten. Die Berechnungen zeigen, dass der Energie-Unabhängigkeitstag bis 2035 auf Ende August verschoben werden könnte, wenn die Ziele für den Erneuerbaren-Ausbau im Stromgesetz und die Klimaziele im Klimaschutzgesetz erreicht werden.
«Das ist eine gute Nachricht», sagt Léonore Hälg, Fachbereichsleiterin für Erneuerbare Energien und Klima der SES, «denn die Verwerfungen an den Energiemärkten in den letzten Jahren haben gezeigt, dass mehr Energieunabhängigkeit wirtschaftlich und klimapolitisch möglich und nötig sind».
Endlich vorwärts machen
Nun hat es das Stimmvolk in der Hand, ein wichtiges Puzzleteil für eine erfolgreiche Energiewende umzusetzen. Denn am 9. Juni 2024 kommt das Stromgesetz zur Abstimmung, das erhöhte Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion und Massnahmen für ein höheres Tempo bei der Energiewende vorsieht. Daneben entscheidet der Bundesrat über die Umsetzung der Klimaschutz- und CO2-Gesetze auf Verordnungsebene.
>> Studie Energieunabhängigkeitstag
Quelle:
Schweizerische Energie-Stiftung
energiestiftung.ch