Keine Postbank zur Finanzierung der Grundversorgung

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Bereits am 17. Mai 2010 ist die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) mit 21 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung auf das Postgesetz eingetreten. In der Detailberatung anlässlich der Kommissionssitzungen im Mai und im Juni war vor allem die weitere Öffnung des Postmarktes sehr umstritten. Diese Frage hatte während der Wintersession bereits im Ständerat für heftige Diskussionen gesorgt und die kleine Kammer hatte der Marktöffnung schliesslich mit 20 zu 19 Stimmen äusserst knapp zugestimmt. Die KVF-N beantragt ihrem Rat nun mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, die entsprechenden Regelungen zur vollständigen Marktöffnung aus der Vorlage zu streichen. Der Bundesrat soll dem Parlament lediglich eine Evaluation über die Auswirkungen der Marktöffnung sowie Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreiten, dies bis spätestens 3 Jahre nach Inkrafttreten des Postgesetzes. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 17 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen genehmigt.

Auch auf das Postorganisationsgesetz ist die Kommission bereits im Mai eingetreten, und zwar mit 15 zu 10 Stimmen. Mit 13 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen spricht sich die KVF-N nun gegen eine Postbank aus und bestätigt damit den mehrfachen negativen Entscheid der Räte in dieser Frage. Das heisst, dass die Post auch weiterhin keine Hypotheken und Kredite in eigenem Namen vergeben darf. Auch eine Postbank „light“ – die Vergabe von Krediten nur im Inland – lehnt die Kommission ab. Die Mehrheit ist der Meinung, dass es in der Schweiz bereits genügend Anbieterinnen Hypotheken und Kreditengibt. Die Minderheit hingegen argumentiert, dass es für die Postfinance sicherer ist, Kredite an KMU im Inland zu vergeben als ihr Kapital im Ausland anzulegen. Die Kommission beantragt ausserdem mit 15 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung, die Post von einer Anstalt in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft umzuwandeln. Mit 14 zu 11 Stimmen spricht sie sich aber dagegen aus, dass der Bund alleiniger Aktionär der Post sein soll. Er soll lediglich – wie in der Botschaft des Bundesrates vorgesehen – über die kapital- und stimmenmässige Mehrheit der Aktien verfügen. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass damit eine ausreichende Kontrolle des Bundes gewährleistet ist. Mit 15 zu 10 Stimmen lehnt es die Kommission ausserdem ab, dass die Post über sämtliche Stimmen und Aktien an der Postfinance verfügen muss. Die Mehrheit ist der Ansicht, dass man den Handlungsspielraum der Postfinance nicht zu stark einschränken soll. Die Minderheit hingegen befürchtet die Privatisierung der Postfinance, wodurch die Sicherung der Grundversorgung aufs Spiel gesetzt würde. Weiter lehnt es die Kommission mit 15 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung ab, die Post zum Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages mit den Personalverbänden zu verpflichten. Lediglich die Verhandlungen über einen solchen GAV sollen zwingend sein. Mit 13 zu 13 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten beantragt die Kommission schliesslich, dass das Postorganisationsgesetz zusammen mit dem Postgesetz in Kraft treten soll. Das heisst, dass das POG nur in Kraft gesetzt werden soll, wenn auch das Postgesetz in Kraft tritt. Das Postgesetz hingegen könnte nach Ansicht der Kommissionsmehrheit auch unabhängig vom Postorganisationsgesetz in Kraft treten. Mit 17 zu 9 Stimmen wurde das POG in der Gesamtabstimmung ebenfalls angenommen.

Beide Vorlagen sollen in der Herbstssession im Nationalrat behandelt werden.

Die Kommission hatte zur parlamentarischen Initiative. Rossini. Sicherheit in Skigebieten (10.433) Stellung zu nehmen. Die Initiative verlangt, dass Bestimmungen erlassen werden, damit Sicherheitsdienste von Bergbahnunternehmen in Skigebieten Personen büssen können, die gegen die Sicherheitsregeln bei Lawinengefahr verstossen. Der Initiant weist darauf hin, dass Pistenfahrer- und Pistenfahrerinnen immer wieder durch Lawinen in Gefahr gebracht werden, die von Variantenfahrern und –innen ausgelöst werden. Er will keine Pistenpolizei, sondern die Bussen sollen auch präventiv wirken. Die Mehrheit der Kommission ist jedoch der Ansicht, dass die geltenden rechtlichen Bestimmungen genügen. Skifahrer- und Skifahrerinnen können aufgrund des Straf- und Militärstrafgesetzes zur Rechenschaft gezogen werden. Haftpflichtfragen sind im Obligationenrecht geregelt. Auch will die Kommission keine Bundeslösung, sondern die Verantwortung soll bei den Kantonen bleiben. Schliesslich soll die persönliche Freiheit nicht zu sehr eingeschränkt werden. Mit 17 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung gab die Kommission der Initiative keine Folge. Eine Minderheit der Kommission erachtet die heute zur Verfügung stehenden Instrumente als ungenügend. Sie ist weiter der Ansicht, dass das Problem in Zukunft zunehmen wird, weil das Gefahrenbewusstsein bei der Bevölkerung abnimmt.

Der Bundesrat hat am 19. Mai 2010 eine punktuelle Teilrevision des Bundesgesetzes über die Beschleunigung öffentlicher Beschaffungen vorgelegt ( 10.051 Beschleunigung öffentlicher Beschaffungen. Bundesgesetz ). Die Vorlage ist eine Reaktion auf die Wirren um die Vergabe des NEAT-Loses Erstfeld. In einer ersten Einschätzung hat die Kommission entschieden, dass das Geschäft in einer andern Kommission vorberaten werden sollte, da die Vorlage des Bundesrates nun wesentlich über reine Infrastrukturfragen hinausgeht. Das Büro des Nationalrates, als zuständiges Gremium, wird sich voraussichtlich während der Herbstsession mit dem Wunsch der KVF-N befassen.

Der Ständerat hat in der Sommersession mit 25 zu 6 Stimmen eine Änderung des Strassenverkehrsgesetzes verabschiedet, welche das heutige Obligatorium für eine Fahrradversicherung aufhebt ( 08.520 Pa.Iv. Stähelin. Abschaffung der Fahrradnummer ) . Über 90% der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer verfügen heute ebenfalls über eine private Haftpflichtversicherung, sind also doppelt versichert. Von den heute 5.- Franken, welche eine Velovignette durchschnittlich kostet, geht rund 1.- Franken in die Administration, also ein vergleichsweise hoher Anteil. Zudem werden die Vignetten von den Kantonspolizeien kaum mehr kontrolliert, oder wenn, dann nur im Zusammenhang mit weiteren Kontrollen.
Den Anstoss zur Vorlage gab Ständerat Philipp Stähelin, die Ausarbeitung der Vorlage oblag der ständerätlichen Verkehrskommission. Die KVF-S hat im April dieses Jahres die Kantone und interessierten Kreise in einem abgekürzten Vernehmlassungsverfahren angehört. Die grosse Mehrheit der Kantone und der politischen Parteien unterstützte die Abschaffung des Versicherungsobligatoriums.

Die Vorlage sieht für die Mofas keine Änderung gegenüber heute vor und delegiert die Kompetenz für die Unterstellung der Zwischenkategorie der leicht motorisierten Fahrzeuge – elektrische Rollstühle, motorisierte Handwagen, Elektrovelos – unter die Vignettenpflicht an den Bundesrat. Ansprüche von Geschädigten aus Unfällen, die von einem unversicherten Fahrradfahrer verursacht werden – ca. 10% der Velofahrenden verfügen über keine private Haftpflichtversicherung – sollen vom Nationalen Garantiefonds gedeckt werden; ausgeschlossen sind allerdings Bagatellfälle.

Die Kommission des Nationalrates ist mit 19 zu 3 Stimmen auf die Vorlage eingetreten und ist den Beschlüssen des Ständerates in allen Punkten gefolgt. Die Mehrheit der Kommission begrüsst die Abschaffung des überholten Versicherungsobligatoriums und damit die Verringerung des Aufwandes und der Kosten für allen Beteiligten. Die Minderheit der Kommission möchte am bewährten und verursachergerechten System festhalten. In der Gesamtabstimmung wurde die Gesetzesänderung mit 18 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen und ist damit bereit für die Plenumsberatung.

Ferner hat die Kommission mit 13 zu 11 Stimmen die Motion des Ständerates zur Unterstützung der Rheinhäfen (09.3076 Mo. Janiak. Mitfinanzierung der Rheinhafen-Infrastruktur durch den Bund) im Einklang mit dem Bundesrat abgelehnt.

Bern, 17. August 2010 Parlamentsdienste

Quelle: News Service des Schweizer Parlaments

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