Kein Religionsartikel in der Bundesverfassung

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Die pa.Iv. Donzé (Streiff). Rechtsordnung, Werte und Religionsfrieden sichern (10.448) und die Standesinitiative Basel-Stadt. Ein neuer Religionsartikel (10.326) zielen beide darauf ab, das Zusammenleben der verschiedenen Religionsgemeinschaften in der Schweiz diskriminierungsfrei und friedlich zu gestalten. Ein Religionsartikel soll die Religionsfreiheit präzisieren und zugleich die Religionsgemeinschaften in die Pflicht nehmen, die Grundrechte zu achten, den schweizerischen Rechtsstaat zu respektieren und Toleranz gegenüber Andersdenkenden walten zu lassen. Die von Nationalrätin Streiff (BE/CEg) übernommene Initiative Donzé betont ausserdem, der Schutz christlicher und freiheitlicher Werte sei sicherzustellen.

Die Kommission bestreitet zwar keineswegs die Bedeutung der durch die Initiativen aufgeworfenen Fragen, bezweifelt aber, ob diese Fragen durch neue rechtliche Normen befriedigend beantwortet werden können. Die geltende Rechtsordnung bietet genügend Instrumente, um Gefährdungen des Religionsfriedens entgegenzutreten – soweit dies mit rechtlichen Instrumenten überhaupt möglich ist. Ein Religionsartikel in der Verfassung wäre auch deshalb problematisch, weil der Staat in religiösen Fragen neutral sein muss und eine wachsende Zahl der Bevölkerung sich keiner Religion mehr zugehörig fühlt. Auch wurde die Befürchtung geäussert, dass durch vorschnelles Handeln in dieser Angelegenheit überhaupt erst eine Art Kulturkampf ausgelöst werden könnte, während die verschiedenen Religionsgemeinschaften in der Schweiz bislang weitgehend friedlich zusammengelebt haben. Von einem Teil der Kommission wurde zudem der Vorschlag kritisiert, Artikel 72 BV zu ersetzen. Sie befürchten, dass dadurch gleichzeitig der neue Absatz 3 zum Minarettverbot gestrichen und damit ein vor kurzem gefallener Volksentscheid missachtet würde. Aus diesen unterschiedlichen Gründen beantragt die Kommission dem Nationalrat, den beiden Initiativen keine Folge zu geben (Standesinitiative BS: 19 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung; pa.Iv. Donzé (Streiff): 21 zu 4 Stimmen).

10.432 n Pa.Iv. Lustenberger. Ausserparlamentarische Kommissionen. Bessere Vertretung des politischen Spektrums
Die Kommission ist der Ansicht, dass bei der Zusammensetzung von ausserparlamentarischen Kommission die fachliche Eignung das wichtigste Kriterium sein soll. Den Mitgliedern dieser Kommissionen kommt nicht primär die Aufgabe zu, die Meinungen der Bevölkerung zu repräsentieren. Vielmehr geht es darum, Expertenwissen zuhanden von Bundesrat und Verwaltung einzuholen. Wenn nun gemäss Vorschlag des Initianten ausserparlamentarische Kommissionen parteipolitisch proportional zusammengesetzt werden müssen, dann wird es parteipolitisch nicht tätigen Fachpersonen kaum mehr möglich sein, Mitglied einer solchen Kommission zu werden. Die Kommission beantragt deshalb mit 12 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Die Minderheit hingegen weist auf die öffentliche Bedeutung hin, welche Expertenkommissionen mitunter zukommt. Wenn Expertenkommissionen des Bundes derartiges öffentliches Gewicht hätten, müssten sie auch politisch ausgewogen zusammengesetzt sein.

10.469 n Pa.Iv. Fraktion V. Abstimmungsempfehlung bei Volksinitiative und Gegenvorschlag
Die parlamentarische Initiative schlägt vor, dass die Bundesversammlung in ihrer Abstimmungsempfehlung in der Stichfrage die Volksinitiative bevorzugen kann, wenn sie sowohl die Volksinitiative als auch den Gegenentwurf zur Annahme empfiehlt. Heute empfiehlt sie den Stimmberechtigten in einer solchen Situation von Gesetzes wegen, bei der Stichfrage den Gegenentwurf anzunehmen. Die freie Willensäusserung der einzelnen Ratsmitglieder wird dadurch eingeschränkt. Die Kommission beantragt mit 14 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Die von der Initiative vorgeschlagene Regelung würde ermöglichen, dass das Parlament Volk und Ständen mit taktischen Motiven eine Vorlage zur Abstimmung unterbreitet, welche es selbst nicht als erste Wahl betrachtet. Das Parlament soll dem Volk keine Auswahlsendungen liefern; ein solches Vorgehen würde auf mangelndes Verständnis stossen.

08.522 n Pa.Iv. Vereinfachte Ausübung der politischen Rechte für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer
Einstimmig hat die Kommission in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative von Thérèse Meyer (CEg, FR) eine Vorlage zuhanden des Rates verabschiedet, wonach die Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen ihre Anmeldung bei der Stimmgemeinde durch die Teilnahme an einem Urnengang erneuern können und hierfür nicht mehr eine separate Meldung machen müssen. Der Gesetzesentwurf und der Bericht werden auf dem Internet publiziert.

10.424 n Pa.Iv. Fraktion V. Behandlungspriorität für Vorstösse zur Einsetzung einer PUK
Die Kommission hatte am 10. September 2010 der Initiative Folge gegeben. Nachdem die Staatspolitische Kommission des Ständerates am 29. Oktober 2010 diesem Beschluss die für die Ausarbeitung einer Gesetzesänderung nötige Zustimmung mit 10 zu 1 Stimmen verweigert hat, betrachtet es die nationalrätliche Kommission zurzeit nicht als sinnvoll, an dieser Forderung festzuhalten. Sie beantragt dem Nationalrat mit 12 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben (für die Argumente Pro und Contra vgl. die Medienmitteilungen vom 10. September 2010 und vom 29. Oktober 2010).

10.427 n Pa.Iv. Tschümperlin. Beseitigung und Verhinderung von Inländerdiskriminierung
Die Kommission hatte am 20. August 2010 der Initiative Folge gegeben. Nachdem die Staatspolitische Kommission des Ständerates am 29. Oktober 2010 diesem Beschluss die für die Ausarbeitung einer Gesetzesänderung nötige Zustimmung mit 6 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen verweigert hat, ist die nationalrätliche Kommission auf ihren früheren Entscheid zurückgekommen und beantragt nun dem Nationalrat mit 12 zu 11 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben (für die Argumente Pro und Contra vgl. die Medienmitteilungen vom 20. August 2010 und vom 29. Oktober 2010).

Die Kommission tagte am 18. November 2010 unter dem Vorsitz von Nationalrat Yvan Perrin (SVP/NE).

Bern, 19. November 2010 Parlamentsdienste

Quelle: News Service des Schweizer Parlaments

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