Wahlrecht im Kanton Schwyz widerspricht der Bundesverfassung

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In der Wintersession 2012 hat der Ständerat entgegen dem Antrag seiner Staatspolitischen Kommission (SPK) und des Bundesrates die neue Verfassung des Kantons Schwyz gesamthaft gewährleistet, inklusive die umstrittene Bestimmung über das Wahlrecht. Die SPK des Nationalrates  folgt mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung dem Antrag des Bundesrates, diese Bestimmung über die Wahl des Kantonsrates in der neuen Schwyzer Kantonsverfassung für bundesrechtswidrig zu erklären ( 12.070 sn Kantonsverfassung Schwyz. Gewährleistung ).

Die Bestimmung sieht vor, dass der Kantonsrat nach dem Proporzwahlverfahren gewählt wird. Wahlkreise sind die Gemeinden. In 27 von 30 Wahlkreisen werden weniger als zehn Sitze besetzt; 13 Gemeinden haben nur je Anspruch auf einen Sitz. Im Durchschnitt liegt das Quorum der Stimmen, das eine Liste für den Gewinn eines Sitzes erreichen muss, bei 33%. Ziel eines Proporzwahlverfahrens wäre es, dass es den verschiedenen Gruppierungen eine Vertretung ermöglicht, die ihrem Wähleranteil entspricht. Das Schwyzer System hat aber zur Folge, dass kleinere Parteien in einem grossen Teil des Kantons keine oder nur geringe Chancen haben, einen Sitz zu gewinnen. Das System führt dazu, dass die Stimmen einer grossen Zahl von Stimmberechtigten für das Wahlergebnis nicht in Betracht fallen. Weil die Bevölkerungszahl der Wahlkreise sehr unterschiedlich ist, hat nicht jede Wählerstimme ein ähnliches Gewicht. Im Extremfall des Vergleichs von Riemenstalden und Unteriberg wiegt die Stimme eines Stimmberechtigten in der ersten Gemeinde 26,5mal mehr als in der zweiten Gemeinde.

Die SPK folgt dem Bundesrat und der in den letzten Jahren vom Bundesgericht entwickelten Praxis und stellt fest, dass das Schwyzer Wahlsystem die Garantie der politischen Rechte der Stimmberechtigten verletzt. Artikel 34 Absatz 2 der Bundesverfassung verlangt, dass kein Wahlergebnis anerkannt werden darf, das nicht den freien Willen der Wählenden unverfälscht zum Ausdruck bringt. Sollte der Kanton Schwyz die Kantonsverfassung nicht anpassen, so setzt er sich dem Risiko aus, dass das Bundesgericht auf Klage hin Entscheide über künftige Wahlen annullieren wird.

Die Kommissionsminderheit weist darauf hin, dass das Schwyzer Wahlrecht genau dem Wahlrecht für den Nationalrat entspreche: Jede Gemeinde bildet einen Wahlkreis, so wie jeder Kanton unabhängig von seiner Bevölkerungszahl einen Wahlkreis bildet. Dieses Wahlrecht dient dem Schutz regionaler Minderheiten, sowohl im Bund als auch in den Kantonen. Jeder Kanton müsse bei der Ausgestaltung des Wahlverfahrens seinen Besonderheiten und Traditionen Rechnung tragen dürfen.  Dazu gehöre insbesondere auch die besondere Stellung der Gemeinden in einigen Kantonen. Die Nichtgewährleistung der Schwyzer Verfassung würde einen schwer wiegenden Eingriff in die kantonale Organisationsautonomie bedeuten.

Umsetzung des Bundesrechts durch die Kantone: Keine neuen Regelungen nötig
Wie bereits die SPK des Ständerates hat sich die Kommission mit dem Bericht einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Bund-Kantone vom 13. Februar 2012 auseinandergesetzt und dazu eine Vertretung der Konferenz der Kantonsregierungen angehört. Im Bericht werden Massnahmen zur Verbesserung der Umsetzung des Bundesrechts durch die Kantone präsentiert; z.B. sollen die Kommissionen verpflichtet werden, auf Begehren der Kantone diese anzuhören, wenn Änderungen eines Erlassentwurfs durch einen Rat erhebliche Auswirkungen auf die Kantone haben. Im Gegensatz zu ihrer Schwesterkommission sieht die SPK des Nationalrates keinen Gesetzgebungsbedarf. Sie verweigert deshalb der entsprechenden parlamentarischen Initiative der Ständeratskommission ( 12.486 Pa.Iv. SPK-SR. Umsetzung von Bundesrecht durch die Kantone ) mit 11 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen die Zustimmung. Das Problem der Vollzugstauglichkeit der Gesetze muss zwar ernst genommen werden. Dieses Problem kann aber kaum mit neuen gesetzlichen Regelungen, sondern muss vielmehr durch eine Sensibilisierung der parlamentarischen Kommissionen und der Verwaltung gelöst werden. Die Kantone wissen zudem auch ohne neue Verfahrensregeln, wie sie ihre Anliegen wirkungsvoll in den bundespolitischen Entscheidungsprozess einbringen können.

Das Parlament soll von der Legislaturplanung bloss noch Kenntnis nehmen
Das Parlament hat bisher dreimal über die Legislaturplanung in der Form eines Bundesbeschlusses beraten und beschlossen. Es konnte dabei Änderungen am Entwurf des Bundesrates vornehmen. Die Kommission hat mit 15 zu 8 Stimmen drei parlamentarischen Initiativen Folge gegeben, welche dieses Verfahren ändern wollen ( 12.427 Pa.Iv. Fraktion V. Legislaturplanungsbericht; 12.432 Pa.Iv. Fraktion CE. Regierungs- statt Legislaturprogramm; 12.433 n Pa.Iv. Kommission 12.008-SR. Legislaturplanung ). Das Parlament soll die Legislaturplanung des Bundesrates nur noch debattieren und zur Kenntnis nehmen, aber keine Änderungen mehr beschliessen können. Der grosse Aufwand für die Beratung der Legislaturplanung steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum relativ geringen Nutzen dieser Beratung. Der Entwurf des Bundesrates und die Beschlüsse des Parlamentes bleiben in der Regel allgemein und damit unverbindlich, so dass sie die künftige Gesetzgebung kaum massgebend prägen können.

Über die Ergebnisse der Beratung des Bürgerrechtsgesetzes ( 11.022 Bürgerrechtsgesetz. Totalrevision ) wurde am 21. Februar 2013 im Rahmen einer Medienkonferenz berichtet.

Die Kommission tagte am 21./22. Februar 2013 unter dem Vorsitz von Nationalrat Ueli Leuenberger (G, GE) in Bern.

Quelle: Das Schweizer Parlament

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