Pensionskassen gehen grosse finanzielle Risiken ein, wenn sie das Geld ihrer Versicherten in Unternehmen anlegen, die nicht nachhaltig wirtschaften. Extreme Wettereignisse wie Wirbelstürme, Überschwemmungen und Dürren könnten in Zukunft sehr grosse Vermögenswerte vernichten. Spielt das Klima einmal verrückt, werden die Staaten zudem gezwungen sein, einschneidende Vorschriften zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen einzuführen (ähnlich, wie auch in der Covid-Pandemie auf einmal Notmassnahmen gelten). Darauf könnten Investitionen in CO2-intensive Unternehmen abrupt an Wert verlieren.
Erstmals in der Schweiz beziffert eine Studie der Klima-Allianz das finanzielle Klimarisiko für die Gesamtheit der Vorsorgeeinrichtungen – Pensionskassen, Versicherungen mit betrieblicher Vorsorge, AHV-Ausgleichsfonds und Suva.
Demnach könnte das für die Altersvorsorge angelegte Vermögen für durchschnittlich anlegende Pensionskassen – rein klimabedingt – bis in 15 Jahren um 10% schmelzen. Bei Kassen, die stark in klimariskante Aktien und Obligationen anlegen, könnte es mit einem Wertverlust von 18% gar zu einem Kollaps kommen. Unter der Annahme, dass die laufenden Renten nicht gekürzt werden, würden die heute unter 50-Jährigen bei der Pensionierung (ab dem Jahr 2035) zwischen 18% und 32% weniger Rente erhalten als geplant. Wollen die Vorsorgeverantwortlichen ihre treuhänderische Sorgfaltspflicht erfüllen, müssen sie die Klimarisiken einbeziehen. Sonst können sie unter Umständen sogar angeklagt werden.
Den Pensionskassen bleibt aber ein Ausweg: Ändern sie ihre Anlagestrategie und bevorzugen nachhaltige Unternehmen, helfen sie mit, das Klimarisiko für die Menschheit zu entschärfen. «Nachhaltige Pioniere unter den Vorsorgeeinrichtungen beherrschen das finanzielle Klimarisiko und erzielen heute schon bessere Erträge als bei konventioneller Anlage», hält Sandro Leuenberger fest. Er ist der Autor der Studie und bei der Klima-Allianz für das Thema Finanzplatz zuständig.
Doch werden in der Schweiz nach wie vor 93% des Vorsorgekapitals durch Institutionen angelegt, die Klimarisiken weitgehend ignorieren. Bloss 7% des Anlagevolumens stammt von Pensionskassen, die ihre Ziele auf das Pariser Klimaabkommen ausrichten, wie die Klima-Allianz im November 2020 in einem Klima-Rating aufzeigte.
Die Studie der Klima-Allianz stützt sich auf den aktuell besten, wissenschaftlich anerkannten Untersuchungsansatz der G20, der führenden Industriestaaten der Welt. Die Daten für die Studie erhielt die Klima-Allianz vom Schweizerischen Finanztech-Unternehmen Carbon Delta, das heute zur renommierten internationalen Gruppe MSCI ESG Research gehört. Der Ansatz der Klima-Allianz berücksichtigt die Tatsache, dass die Weltwirtschaft von Wertschöpfungsketten abhängig ist, deren Unternehmen auf jeder Stufe Treibhausgase ausstossen.
Links zur Studie:
> Einführung auf der Website der Klima-Allianz
> Dokument
Hintergrundinformationen:
Das Klima-Rating der Vorsorgeeinrichtungen:
Die Klima-Allianz hat bewertet, wie stark die Pensionskassen ihre finanzierten Treibhausgasemissionen bereits reduziert haben. Es sind über 110 Institutionen erfasst, die rund 80% des gesamten Anlagevolumens von über 1100 Mrd. ausmachen.
Treuhänderische Sorgfaltspflicht, die bei drohenden klimabedingten Rentenverlusten anwendbar ist:
- Die treuhänderische Sorgfaltspflicht der Pensionskassen gilt für auch die finanziellen Klimarisiken: Rechtsgutachten Niederer Kraft Frey für die Klima-Allianz (Oktober 2018)
- Rechtsgutachten im Auftrag des BAFU (November 2019): Alle treuhänderischen Verwalter von Anlagevermögen haben die finanziellen Klimarisiken zu berücksichtigen.
- Exemplarische Rechtsauslegung: kürzlich hat das zuständige Gericht in einem global wegweisenden Fall festgestellt, dass eine australische Pensionskasse ihrer Pflicht, die Klimarisiken einzubeziehen, nicht nachkommt. Der mit dem klagenden Destinatär zustande gekommene Vergleich beinhaltete die Anerkennung, dass die finanziellen Risiken materiell sind. Die Vorsorgeeinrichtung verpflichtete sich dem Ziel Netto-null finanzierte Treibhausgasemissionen bis 2050.
Resilienz nachhaltiger und klimaverträglicher Investitionen:
- Zitat aus Schweizer Personalvorsorge, Ausgabe 11/20, Seite 82, Mirjam Staub-Bisang, Chefin Blackrock Schweiz: „Die treuhänderische Verantwortung verpflichtet sie [die Pensionskassen], Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Nachhaltige Anlagen sind potenziell resilienter. Auch regulatorische und gesellschaftliche Entwicklungen stützen ein langfristig positives, risikoadjustiertes Performance-Szenario“.
Zwei Beispiele für Nachhaltigkeitspioniere:
- Luzerner Pensionskasse LUPK: Begründet auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimastrategie weisen die Aktien- und Obligationenanlagen der LUPK seit Frühjahr 2019 eine um 30 Prozent geringere CO2-Intensität auf als die marktüblichen Referenzindizes.
- Migros Pensionskasse: In Umsetzung ihrer Klimastrategie weisen die Aktien- und Obligationenportfolien seit Frühjahr 2020 eine um 30% geringere CO2-Intensität auf als die massgebenden Welt-Referenzbenchmarks.
Quelle:
Klima-Allianz Schweiz
www.klima-allianz.ch
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Zur Klima-Allianz
Die Klima-Allianz Schweiz wurde 2004 gegründet und ist ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen für den Klimaschutz. Mit ihren über 90 Mitglieder- und Partnerorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklung, Kirche, Jugend, Gewerkschaften und Konsumentenschutz engagiert sie sich für eine gerechte, zukunftsfähige Klimapolitik.