Regelung im Umgang mit nachrichtenlosen Vermögenswerten

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Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) folgt den Vorschlägen ihrer Subkommission zu den nachrichtenlosen Vermögenswerten und beantragt mehrere Änderungen am Entwurf des Bundesrates.

1. 10.049 Bundesgesetz über Banken und Sparkassen. Nachrichtenlose Vermögenswerte

Die Kommission ist bereits im Januar 2011 einstimmig auf die Vorlage eingetreten. Danach hat sie für die Beratung des Entwurfs eine Subkommission eingesetzt, welche der Kommission nun ihre Vorschläge unterbreitete.
Gemäss Entwurf des Bundesrates sollte die Frist, nach welcher nachrichtenlose Vermögenswerte liquidiert werden können, in der Verordnung geregelt werden. Die Kommission hat nun oppositionslos beschlossen, die Liquidationsfrist von 50 Jahren auf Gesetzesstufe festzusetzen. Nachrichtenlose Vermögen von höchstens 100 Schweizer Franken sollen ausserdem ohne Publikation liquidiert werden können.
Die zentrale Frage der Vorlage betrifft den endgültigen Untergang des Rechtsanspruchs mit der Liquidation. Mit 13 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung hat sich die Kommission für einen Fortbestand des Rechtsanspruchs nach der Liquidation ausgesprochen. Dazu sollen berechtigte Personen ihre Ansprüche nach der Liquidation während weiteren 50 Jahren gegenüber dem Bund geltend machen können. In den Augen der Mehrheit gewährleistet diese zweistufige Lösung einerseits, dass sich die Banken mit der Überweisung des Liquidationserlöses von den nachrichtenlosen Vermögenswerten befreien können; andererseits werden die Interessen der Bankkunden durch den Fortbestand des Rechtsanspruchs umfassender geschützt. Die Minderheit hingegen ist der Meinung, dass der Anspruch der berechtigten Person – wie vom Bundesrat vorgeschlagen – mit der Liquidation und der Überweisung der Vermögenswerte an den Bund erlöschen soll. Sie argumentiert insbesondere, dass mit einer Liquidationsfrist von 50 Jahren genügend Zeit bleibt, um ein Vermögen zu beanspruchen.
Eine weitere Minderheit beantragt, die liquidierten Gelder nicht an den Bund sondern an den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung zu überweisen. Damit soll dem Vorwurf, die Schweiz verfolge mit der Vorlage fiskalische Ziele, entgegengewirkt werden. Die Mehrheit hingegen ist der Ansicht, dass die Handhabung der Dokumente, welche mit den Vermögenswerten übertragen werden, beim Bund einfacher ist. Dieser Beschluss zugunsten einer Überweisung an den Bund wurde mit 14 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen gefällt. Für den Fall, dass die Gelder an den Bund fallen, beantragt schliesslich eine Minderheit, dass der Bund diesen Erlös zur Bekämpfung des Rassismus verwendet.
In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage einstimmig angenommen.

2. 11.044n Steueramtshilfegesetz

Der Bundesrat hat der WAK-N die Botschaft (11.044) mit dem Gesetzentwurf zum Steueramtshilfegesetz (StAG) vorgelegt. Es regelt die verfahrensrechtlichen Grundlagen zum Vollzug der Amtshilfe in Steuersachen.
An der Sitzung vom 10. Oktober 2011 ist die WAK-N einstimmig auf die Vorlage eingetreten. Sie empfiehlt dem Nationalrat in der Gesamtabstimmung den Entwurf mit 9 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen zur Annahme.
Die Kommissionsmehrheit empfiehlt ihrem Rat das Steueramtshilfegesetz mit zwei Änderungsvorschlägen zur Vorlage des Bundesrates zur Annahme. Trotz der wenigen Änderungsempfehlungen der Kommissionsmehrheit war der Entwurf zum StAG Anlass für rege Diskussionen. Der Entwurf des StAG beinhaltet 25 Artikel. Für die Behandlung im Nationalrat wurden 25 Minderheitsanträge eingereicht.
Ausführlich diskutiert wurde der Artikel 6 des Gesetztes. Der Artikel 6 StAG setzt die Empfehlungen des Peer- Review Report vom Juni 2011 des Global Forum um. Die Mehrheit der Kommission erachtet den Vorschlag des Bundesrates als überzeugend.
Zwei Minderheiten fordern ein Erleichterung des Informationsaustauschens. Die erste will den Artikel auch auf Amtshilfeersuchen von Staaten anwenden die kein DBA mit der Schweiz haben. Die zweite will eine Klausel einführen die explizit sagt, dass der Artikel so ausgelegt werden muss dass er die Amtshilfe fördert.
Fünf Minderheiten wollen die Amtshilfe restriktiver gestalten. Sie schlagen vor, dass Amtshilfeersuchen nur erteilt werden, wenn der Name und die Adresse der betroffenen Person bekannt ist. Zudem sollen die ersuchenden Staaten nachweisen, dass sie alle innerstaatlichen Informationsquellen ausgeschöpft haben und gemäss ihrem internen Recht handeln.
Der Umgang mit Amtshilfeanfragen, die auf Daten basieren, die vom ersuchenden Staat aufgrund strafbarere Handlungen erlangt wurden, wird in Art. 7 lit. c StAG geregelt. Die Kommissionsmehrheit folgt dem Bundesrat. Eine Minderheit schlägt dem Rat vor, die Bestimmung zu präzisieren. Eine andere Minderheit will die Bestimmung streichen.
Die Verteilung der Kosten, die im Amtshilfeverfahren anfallen, gaben auch Anlass zu längeren Debatten. Der Bundesrat schlägt gemäss internationaler Übung vor, dass die Kosten nicht erstattet werden. Die Kommissionsmehrheit erachtet dies als eine gute Lösung. Eine Minderheit will die entstehenden Kosten dem ersuchenden Staat auferlegen.
Eine weitere Minderheit will die Barriere zur Auferlegung der Kosten an die betroffene Person und die Informationsinhaber tiefer legen als vom Bundesrat vorgeschlagen.
Eine Minderheit regt in allgemeiner Form an, die schweizerische Gesetzgebung so anzupassen, dass den schweizerischen Steuerbehörden die gleichen Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen wie ausländischen Steuerbehörden. Das heisst, dass von Schweizer Steuerbehörden Anfragen im gleichen Sinne wie im StAG gemacht werden können. Zudem sollen schwere und wiederholte Fälle von Steuerhinterziehung nach schweizerischem Recht beurteilt werden können.

3. 08.053 Vereinfachung der Mehrwertsteuer

Nachdem sich der Ständerat gegen den Beschluss ausgesprochen hatte, die Vorlage betreffend MWST-Einheitssatz (08.053 Vorlage 2/B) an den Bundesrat zurückzuweisen, beantragt die Kommission ihrem Rat mit grosser Mehrheit (19 zu 5 Stimmen), an seinem Rückweisungsbeschluss festzuhalten und den Bundesrat zu beauftragen, dem Parlament eine MWST-Revision mit einem 2-Satz-Modell zu unterbreiten.
Zudem hat die Kommission beschlossen, im nächsten Quartal die Beratung der Vorlage 4 dieser Revision wieder aufzunehmen. Mit 12 zu 3 Stimmen bei 7 Enthaltungen beauftragte sie die Verwaltung mit der Ausarbeitung eines dringlichen Bundesgesetzes, um die MWST im Tourismus- und Hotelleriebereich kurzfristig zu senken.
Ferner hat die WAK-N mit 13 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Motion 11.3185 von Ständerat Hans Hess angenommen. Diese beauftragt den Bundesrat, Artikel 89 Absatz 5 des Mehrwertsteuergesetzes zu streichen, der vorsieht, dass Steuerforderungen der MWST unabhängig davon bestehen, ob sie in öffentlichen Inventaren oder auf Rechnungsrufe eingegeben werden.

4. 10.538 Pa.Iv. Bourgeois. Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse.

Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip ausnehmen
Die Teilrevision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (08.054), dessen Kern die Einführung des sogenannten Cassis-de-Dijon-Prinzips war, wurde im Juni 2009 von National- und Ständerat in der Schlussabstimmung angenommen und ist am 1. Juli 2010 in Kraft getreten. Die vorliegende parlamentarische Initiative will nun die Lebensmittel vom Geltungsbereich des Cassis-de-Dijon-Prinzips ausnehmen. Mit 13 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission der parlamentarischen Initiative Folge gegeben. Die Kommissionsmehrheit ist insbesondere der Ansicht, dass mit dem Cassis-de-Dijon-Prinzip im Bereich der Lebensmittel die schweizerische Qualitätsstrategie gefährdet wird.

5. 09.510 Pa.Iv. Bigger. Erhalt des Viehexportes aus der Schweiz. 2. Phase

Entgegen dem Antrag der WAK-N ist der Nationalrat während der Herbstsession mit 88 zu 72 Stimmen auf die Vorlage eingetreten und hat sie zur Detailberatung zurück an die Kommission gewiesen. Diese beantragt ihrem Rat nun keine Änderung am Entwurf. In der Gesamtabstimmung wurde das Geschäft mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten angenommen.

6. 10.502 Pa.Iv. Sommaruga Carlo. Stopp dem Lohndumping und dem Missbrauch bei Unteraufträgen

Die Kommission anerkennt den Handlungsbedarf im von der Pa. Iv. angesprochenen Bereich. Sie reicht darum mit 16 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Kommissionsmotion ein. Die Kommissionsmotion beauftragt den Bundesrat das Vergaberecht so anzupassen, dass Lohndumping und Missbrauch bei Unteraufträgen bekämpft werden. Den Entscheid zur Pa. Iv. 10.502 hat sie in Erwartung der Umsetzung der Motion sistiert.

7. 11.3750 Mo. Ständerat (WAK-SR). Neuverhandlung der Grenzgängervereinbarung mit Italien

Die Kommission folgte dem in der vergangenen Herbstsession vom Ständerat gefassten Beschluss, den Bundesrat zu beauftragen, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Italien neu zu verhandeln mit dem Ziel, die Einseitigkeit bei der Grenzgängerbesteuerung zu beseitigen und dabei dem neuen Grenzgängerstatus und den jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich Rechnung zu tragen.
Die Kommission unterstützt auch die Standesinitiative des Kantons Tessin zu diesem Thema (11.305).

Die Kommission hat unter dem Vorsitz von Nationalrat Hansruedi Wandfluh (SVP, BE) und teilweise im Beisein von Bundesrat Johann Schneider-Ammann und Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf am 7. und 8. November 2011 in Bern getagt.

Bern, 8. November 2011 Parlamentsdienste

Quelle: Das Schweizer Parlament

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