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Inspektion zum Behördenverhalten im Vorfeld des Rücktritts des Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank am 9. Januar 2012 – Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen der politischen und der aufsichtsrechtlichen Dimension

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Die GPK kommen aufgrund ihrer Untersuchung zum Schluss, dass die aufsichtsrechtliche Zuständigkeit für eine Überprüfung der privaten Banktransaktionen des SNB-Präsidenten beim Aufsichtsorgan der SNB, dem Bankrat, lag und nicht beim Bundesrat. Die Rechtslage wurde durch die Bundespräsidentin 2011 nicht genügend abgeklärt, bevor sie aufgrund der am 5. Dezember 2011 erhaltenen Informationen von Nationalrat Blocher verschiedene Massnahmen traf, um deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Aus Sicht der GPK hätte die Bundespräsidentin 2011 umgehend den Bankrat über die an sie herangetragenen Gerüchte informieren und ihm die Federführung für die Abklärungen überlassen müssen.

Die GPK können zwar nachvollziehen, dass ein gewisser Druck bestand, die Sachlage im Interesse des guten Rufs der Schweiz und der SNB rasch zu klären. Allerdings stellen sie fest, dass die Bundespräsidentin 2011 ohne genügende Rechtsgrundlage handelte und somit der Unabhängigkeit der SNB nicht gebührend Rechnung trug. Dies gilt auch für die „ad personam“ Mandatierung zweier hochrangiger Vertreter der Eidg. Finanzkontrolle (EFK) zwecks Abklärung dieser Banktransaktionen.

Darüber hinaus stellen die GPK fest, dass die Bundespräsidentin 2011 und die involvierten Vorsteherinnen des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) und des Eidg. Finanzdepartements (EFD) den Gesamtbundesrat zu spät informierten. Dieser konnte deshalb seine kollektive Führungsverantwortung nicht wahrnehmen. Die Sorge, dass es zu Indiskretionen kommen könnte, führte dazu, dass der Kreis der eingeweihten Personen möglichst klein gehalten und auch der Bundesrat erst am 23. Dezember 2011 orientiert wurde. Die GPK sind dezidiert der Ansicht, dass die Landesregierung auch bei hochsensiblen Geschäften in der Lage sein muss, die Vertraulichkeit zu gewährleisten und ihre Aufgabe rechtzeitig und angemessen wahrzunehmen. Dabei muss eine Vertrauenskultur herrschen.

Die GPK halten im Weiteren fest, dass das in der Bundesverwaltung vorhandene Wissen nicht gebührend einbezogen wurde. Hingegen beurteilen die GPK den Einbezug des Direktors des Nachrichtendienstes des Bundes als kritisch, da hierfür keine genügende Rechtsgrundlage existiert und der Dienst keine Aufgaben in diesem Bereich wahrnimmt.

Als weiteren Kritikpunkt identifizieren die GPK die Verletzung des Departementalprinzips durch die Bundespräsidentin 2011: Diese beschloss, die Departementsvorsteherinnen und –vorsteher nicht über den Einbezug der ihnen unterstellten Verwaltungsvertreter zu informieren. Die Bundeskanzlei konnte ihre Funktion als Stabsstelle des Bundesrats aufgrund ihres späten Einbezugs nicht angemessen ausüben. Das nach wie vor ungenügende Protokollierungssystem des Bundesrats gibt ebenfalls zu Kritik Anlass.

Ein weiterer Bereich der Untersuchung betraf die Schnittstellen zur SNB: Diesbezüglich halten die GPK fest, dass der Bankratspräsident sowohl umgehend, wie auch persönlich durch die Bundespräsidentin 2011 hätte informiert werden müssen. Im Bereich der öffentlichen Kommunikation hingegen fand zwischen dem Bundesrat und der SNB eine Koordination statt, wobei die Federführung richtigerweise bei der SNB lag. Die vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen zur öffentlichen Kommunikation beurteilen die GPK insgesamt als angemessen.

Grundsätzlich sind die GPK der Ansicht, dass die aktuell geltende Aufgabenteilung zwischen dem Bundesrat und der SNB gemäss Nationalbankgesetz sinnvoll ist und keiner Änderung bedarf. Aus Sicht der GPK wäre aber zu prüfen, ob der Bundesrat im Falle einer Rücktrittsempfehlung oder eines Abberufungsantrags betreffend den SNB-Präsidenten seitens des Bankrats nicht zwingend konsultiert werden müsste.

Die GPK begrüssen es, dass der Bankrat aus dem Vorgefallenen rasch Lehren gezogen hat und im Frühjahr 2012 ein neues, strengeres Reglement für private Finanzanlagen und Finanzgeschäfte von Mitgliedern der Bankleitung erliess. Es ist für die GPK jedoch wichtig, dass entsprechende Leitplanken auch schon in dem durch den Bundesrat zu genehmigende Organisationsreglement der SNB verankert werden. Nichtsdestotrotz stellen die GPK fest, dass die Banktransaktionen des SNB-Präsidenten gemäss den Abklärungen des Bankrats nicht in Verletzung des damals geltenden Reglements erfolgten.
Im Weiteren fordern die GPK den Bundesrat auf, sich im Rahmen seiner Genehmigungskompetenz ebenfalls für eine klare und angemessene Aufsichtsstruktur innerhalb der SNB einzusetzen.

Die GPK richten insgesamt zehn Empfehlungen an den Bundesrat und erwarten seine Stellungnahme bis Ende Mai 2013.

Die Kommissionen haben am 15. März 2013 unter dem Vorsitz von Ständerat Paul Niederberger (CVP, NW) und Nationalrat Ruedi Lustenberger (CVP, LU) gemeinsam in Bern getagt.

Quelle: Das Schweizer Parlament

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