Kommission schützt Immunität von Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber

2 mins read
Parlamentsgebäude - Palais fédéral
Parlamentsgebäude - Palais fédéral

Die Immunitätskommission des Nationalrates (IK-N) ist ohne Gegenantrag auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern vom 9. Februar 2024 eingetreten. Sie hat mit 5 zu 4 Stimmen beschlossen, die Immunität von Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber nicht aufzuheben.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern hat mit Gesuch vom 9. Februar 2024 um die Aufhebung der Immunität von Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber und die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen Verdacht auf eine Widerhandlung gegen Artikel 3 Abs. 1 Bst. a und e i.V.m. Artikel 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie wegen Verdacht auf üble Nachrede (Art. 173 des Strafgesetzbuches (StGB)) ersucht.

Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber wird vorgeworfen, mit ihren Interventionen bei der Direktion des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) und der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) den Erlass einer im Sinne des UWG herablassenden und im Sinne von Art. 173 StGB ehrverletzenden Empfehlung auf sofortige Beendigung der Auftragsvergabe durch das BSV an die PMEDA AG Polydisziplinäre Medizinische Abklärungen sowie eines entsprechenden Überprüfungsberichts angestiftet zu haben.

Die Kommission hat Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber angehört. Sie erklärte, dass sie die Vorwürfe auf üble Nachrede sowie den Verstoss gegen das UWG bestreite. Sie erachte es als ihre Aufgabe als Nationalrätin, ihren politischen Handlungsspielraum zu nutzen, um dafür einzustehen, dass öffentliche Aufträge und somit staatliche Gelder nur an Firmen vergeben werden, welche die Qualitätskriterien erfüllen. In diesem Sinne habe sie das BSV und die EKQMB auf ihr bekannte Fälle und Fakten hingewiesen, die die Qualität der Gutachten der Firma PMEDA AG in Frage stellen. Sie machte geltend, dass sie lediglich angeregt habe, dass bei der PMEDA AG genau hingeschaut werde, sie aber keinerlei Einfluss auf das anschliessend durchgeführte Verfahren (Qualitätsanalyse) und dessen Ergebnis genommen habe.

Ausgehend davon, dass Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber im Zusammenhang mit dem vorliegenden Sachverhalt in ihrer Funktion als Nationalrätin sowohl eine Interpellation (19.4623 n Ip. Prelicz-Huber. Hochproblematische IV-Gutachten) sowie in der Fragestunde spezifische Fragen (22.7633 Fra. Prelicz-Huber. Gutachten von PMEDA AG; 20.5138 Fra. Prelicz-Huber. Ist Eigenwerbung fürs „Gesundschreiben“ seitens von IV-Gutachterstellen legitim?) zur PMEDA AG einreichte, ist die Kommission zum Schluss gekommen, dass der unmittelbare Zusammenhang mit der amtlichen Stellung und Tätigkeit vorliegend gegeben ist. Zudem ist davon auszugehen, dass sie in dieser Angelegenheit am 15. Juni 2023 nur dank ihrer Stellung als Nationalrätin bei der Direktion des BSV persönlich vorstellig werden konnte. Die Kommission ist deshalb ohne Gegenantrag auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern eingetreten.

In einem zweiten Schritt hat die Kommission mit 5 zu 4 Stimmen beschlossen, die Immunität von Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber nicht aufzuheben. Die Kommission weist darauf hin, dass sich Frau Prelicz-Huber in ihrer Tätigkeit als Nationalrätin mehrmals kritisch gegenüber den IV-Gutachten der PMEDA AG geäussert hat und dafür die parlamentarischen Instrumente der Interpellation und Fragestunde genutzt hat, um auf Missstände hinzuweisen und dem Bundesrat kritische Fragen zu den Gutachten der PMEDA AG zu stellen. Der direkte Austausch mit der Bundesverwaltung, gegenüber welcher die Ratsmitglieder gestützt auf Artikel 7 Parlamentsgesetz (ParlG) über Informationsrechte verfügen, entspricht der gängigen Praxis und gehört zur amtlichen Tätigkeit einer Nationalrätin. Diese würde massiv eingeschränkt, wenn Ratsmitglieder beim Stellen von unangenehmen Fragen, beim Überbringen von Hinweisen auf Missstände bzw. dem Anregen von Qualitätsüberprüfungen, ein Strafverfahren zu befürchten hätten. Die Kommission kommt deshalb zum Schluss, dass vorliegend im Rahmen der Interessenabwägung die institutionellen Interessen (öffentliches Interesse an der Funktionsfähigkeit des Parlaments) gegenüber den Interessen im Zusammenhang mit einer Strafverfolgung überwiegen.

Eine Minderheit ist der Ansicht, dass es unklar sei, welchen Einfluss Nationalrätin Prelicz-Huber auf die durch die EKQMB vorgenommene Qualitätsprüfung der Gutachten der PMEDA AG genommen habe. Es sei deshalb vorliegend angezeigt, die Immunität aufzuheben und durch eine Strafuntersuchung abzuklären, ob Nationalrätin Prelicz-Huber in unangemessener Art und Weise Druck auf die zuständigen Stellen ausgeübt habe.

Das Gesuch wird in einem nächsten Schritt auch von der zuständigen Kommission des Ständerates, der Kommission für Rechtsfragen (RK-S), geprüft.

Die Kommission tagte am 16. Mai 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrat Pierre-André Page (V/FR) in Bern.


Quelle
Die Bundesversammlung — Das Schweizer Parlament
.parlament.ch

Write your comment

Previous Story

Metall Zug – Anpassung im Ankeraktionariat

Next Story

Beseitigung der Diskriminierung von Schweizerinnen und Schweizern beim Familiennachzug

Latest News